Full text: Mit einem Anhang von 79 Bildern und 9 Karten in Farbendruck (Teil 2 = Oberstufe, Kl. III - I)

19. Kaiser Friedrich III. 205 
Soldaten freundlich verkehrte. Im Kriege zwischen Preußen und Öfter- 
reich (1866) führte der Kronprinz die zweite Armee von Schlesien her 
über das Gebirge. Durch sein rechtzeitiges Eintreffen auf dem Schlacht- 
felde von Königgrätz führte er den Sieg herbei. (S. 188.) Noch höheren 
Ruhm erwarb er sich 1870 im Kriege gegen die Franzosen. Unter 
seiner Führung erfochten Süd- und Norddeutsche gemeinsam die Siege 
bei Weißenburg und bei Wörth,- er half dazu, daß Kaiser Napoleon 
bei Sedan gefangen genommen und daß seine Hauptstadt Paris er- 
obert wurde; er war auch zugegen, als sein Vater zum Deutschen Kaiser 
ausgerufen wurde. Wegen der großen Siege, die der Kronprinz er- 
fochten hatte, verlieh ihm König Wilhelm die höchste Würde, die einem 
Soldaten zuteil werden kann: er ernannte ihn zum Feld mar schall. 
Nach dem Kriege widmete sich der Kronprinz, da ihn sein militä- 
rischer Beruf nicht voll beschäftigte, in Gemeinschaft mit seiner kunst- 
verstäudigeu Gemahlin der Pflege der Kunst und Wissenschaft. Oft 
mußte er auch feinen hochbetagten Vater vertreten, besonders in der 
Besichtigung der süddeutschen Truppen, und bald war er im Süden 
ebenso beliebt wie in Preußen. In seiner Familie war das kronprinz- 
liche Paar reich gesegnet,- eine stattliche Schar blühender Kinder und 
Enkel umgab die glücklichen Eltern. Doch auch der Schmerz blieb ihnen 
nicht erspart. Als der Kronprinz 1866 zun: Kriegsschauplatz abreisen 
mußte, lag Prinz Sigismund todkrank, und er starb nach wenigen Tagen. 
Später verloren die Eltern noch den Prinzen Waldemar. 
c) Sein Heimgang. Bald nach dem 90. Geburtstage Kaiser Wil- 
Helms wurde unser Königshaus und mit ihm das ganze preußische und 
deutsche Volk unerwartet schwer heimgesucht. Kronprinz Friedrich Wil- 
Helm erkrankte an einem gefährlichen Halsleiden. Zuerst suchte er Hei- 
lung bei den berühmtesten Ärzten, und als dies nicht hals, ging er nach 
dem warmen und milden Italien. Millionen waren um ihn in banger 
Besorgnis und flehten zu Gott um seine Genesung. Aber auch die milde 
Luft Italiens sowie die sorgsame, aufopfernde Pflege seiner Gemahlin 
und seiner Töchter, die nicht von seiner Seite wichen, waren nicht im- 
stände, das Leben des tenern Kranken zu retten. 
Nachdem Kaiser Wilhelm am 9. März 1888 entschlafen war, war 
Kronprinz Friedrich Wilhelm Deutscher Kaiser und König von Preußen. 
Noch weilte er, schwer leidend, in Italien; aber dennoch eilte er sofort 
in die Heimat, um die Regierung zu übernehmen. Er nannte sich Kaiser- 
Friedrich. Wiederholt konnte er sich seinem Volke zeigen und auch noch 
an der Hochzeit des Prinzen Heinrich teilnehmen. Als im Frühling 
die Sonne wärmer schien, ließ er sich nach seinem Lieblingsschlosse, 
dem Neuen Palais bei Potsdam, bringen, und dort, wo er geboren
	        
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