Full text: Geschichte des Mittelalters und der Neuzeit

144 Höhe der päpstlichen Gewalt um 1212. 
1. 1059 die Papstwahl wird dem Einflüsse der Laien entzogen 
und der Geistlichkeit allein.gegeben; 
2. 1076 der päpstliche Bann erschüttert die Stellung eines Kaisers 
W sehr, daß dieser in seiner ganzen folgenden Regierungszeit 
lediglich um die Behauptung seiner Krone zu ringen hat; 
3. 1080 der Papst nimmt die Entscheidung über die Krone in 
Anspruch und findet hiebet in Deutschland größtenteils Ge- 
horsam; 
4. 1133 der Papst bringt es dahin, daß ein Kaiser von ihm 
Lehen nimmt; ein Bild und Vers hierüber geben der Auffassung 
Raum, als ob die Kaiserkrone ein Lehen des Papstes sei, und 
veranlassen gereizte Auseinandersetzungen zwischen Barbarossa 
und dem Papste; 
5. 1200 der Papst nimmt die Entscheidung in einer zwiespältigen 
Königswahl und 1212 in einem Thronstreit in Anspruch; 
6. 1209 und 1220 der Papst vollzieht die Kaiserkrönung nur gegen 
ganz bestimmte, vorzüglich politische Gerechtsame betreffende 
Versprechungen. 
So hatte sich also die Machtstellung der beiden Gewalten unter- 
dessen verschoben; der Kaiser, dem 963 ein ausdrückliches Bestätigungs¬ 
recht bezüglich der Papstwahl, 1046 fast das alleinige Verfügungsrecht 
über den hl. Stuhl zugesprochen war, hatte diese Befugnis verloren. 
Dafür nahm jetzt der Papst das Recht in Anspruch, die deutsche Königs- 
Wahl zu bestätigen und von seinen Bedingungen die Kaiserkrönnng ab- 
hängig zu machen. Das kaiserliche Bestätigungsrecht über die Papst- 
Wahl war mit dem Beschluß des lateranischen Konzils von 1059 ge¬ 
fallen, während der päpstliche Anspruch, über die deutsche Königswahl 
zu entscheiden, bei der politischen Uneinigkeit in Deutschland und dem 
Mangel einer gesetzlich geregelten Wahlordnung immer häufiger durch- 
drang. 
®er Höhepunkt der päpstlichen Machtentfaltung, die man eine zweite 
um 1212 Zwar diesmal eine geistige und geistliche) Weltherrschaft Roms 
nennen kann, füllt zusammen mit dem Pontifikat Jnnocenz III. 1198— 
1216, der geradeso der mächtigste Papst ist, wie Heinrich III. der mäch¬ 
tigste Kaiser gewesen. 
Daß unter ihm die Ansprüche Gregors VII. für das Papsttum, 
soweit dies überhaupt jemals geschehen, durchgesetzt oder verwirklicht 
waren, geht aus Folgendem hervor: 
1. Jnnocenz III. verfügte über die Kaiserkrone und über König- 
reiche des Abendlandes, indem er 1210 Otto IV. die Krone 
entriß und Friedrich II. verschaffte, den König (Johann) von 
England durch Bann und Interdikt nötigte, sein Reich als 
Lehen des hl. Petrus zu erklären^), das neue Königreich Portugal 
und Aragonien als Königreiche nur gegen einen jährlichen 
) Damals sagte der Legat Pandulf zu Johann ohne Land, „daß er dem Papste 
nicht nur in geistlichen, sondern auch in allen weltlichen Dingen zu gehorchen ver¬ 
bunden sei."
	        
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