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B. Aus der römischen Sage und Geschichte.
einer Völkerschaft. In regelmäßigen Versammlungen traten alle Freien
zur Zeit des Neu- oder Vollmondes bewaffnet an der heiligen Mahlstatt
zusammen) der gewählte Edeling oder Fürst eröffnete das Thing (Ding)
durch ein gemeinsames Opfer. Gemeinsame Angelegenheiten. wurden
vorher von den Edelingen beraten und dann dem Volke zur Entscheidung
vorgelegt) Waffengeklirr bedeutete Zustimmung, Murren das Gegenteil. In
diesen Versammlungen wurde auch über solche Sachen Gericht gehalten,
bei denen es sich um Leben, Freiheit und Ehre handelte. Geschriebene
Gesetze und besondere Richter gab es nicht, die ganze Versammlung ent-
schied nach Gewohnheit und Herkommen. Der Kläger mußte den Be-
klagten selber vorladen,- dieser konnte sich durch seinen Eid und den
Eid seiner Freunde, der Eideshelfer, reinigen. Konnte die Wahrheit
nicht anders erwiesen werden, so griff man zum Gottesurteil: Kläger
und Beklagte mußten losen oder miteinander kämpfen) wer das Glücks-
los zog oder siegte, hatte recht. Die Strafe war gewöhnlich eine
Geldstrafe, das Wergeld) sogar der Mord konnte mit Geld gesühnt
werden. Todesstrafe gab es meistens nur sür Unfreie und Landes-
Verräter) diese wurden gehenkt. Feiglinge und unzüchtige Buben wurden
in Sumpf und Moor geworfen) Kerker kannte man nicht. Wer nicht
vor -Gericht klagen wollte, konnte sich auch in offener Fehde selber
Recht schaffen und z. B. für den Tod eines erschlagenen Verwandten
Blutrache üben. War der Krieg beschlossen, so hob das Volk den
Tapfersten auf den Schild und begrüßte ihn als Herzog. Er rief den
Heerbann auf, indem er von Dorf zu Dorf, von Hof zu Hof den Heer-
Pfeil tragen ließ) die Frauen und Kinder folgten den Männern auf
Wagen in;den Krieg. Die Kriegsbeute wurde gleichmäßig verteilt,
ein Teil auch den Göttern geopfert. Mit dem Kriege endete auch die
Würde des Herzogs.
6. Ihre Religion.
Unsere Vorfahren dachten sich wie alle Heiden die Naturerscheinungen
als persönliche Wesen) überall sahen sie den Menschen freundliche oder
feindliche Geister. Diese leben in den Märchen und Sagen noch heute
als Riesen und Zwerge, Kobolde, Elfen und Nixen fort. Ihr oberster
Gott Wodan lenkte Himmel und Erde, vor allem die Schlachten. Als
Bettler verkleidet bat er um Obdach und wurde dadurch zum Stifter
der Gastfreundschaft. Ihm war der Mittwoch geweiht, der noch heute
in manchen Gegenden Wonstag heißt) die Sage vom wilden Jäger
erinnert noch heute an ihn. Wodans Gemahlin Frija (Freiet) beschützte
die Ehen und überwachte die Kindererziehung. Am liebsten schloffen
unsere Vorfahren daher den Ehebund an dem ihr geweihten Freitage.