Full text: Geschichtliches Lesebuch

— 19 — 
Freunde der Stadt tätig eingreifen würden. Diese Hoffnung erfüllte 
sich allerdings nicht; dafür gelang es aber den Bremern, der Reichsacht 
ledig zu werden. Unter Vermittlung von Lübeck und Hamburg wurde 
der Zollstreit mit dem Grafen von Oldenburg beigelegt, und der Kaiser 
hob darauf die Reichsacht auf. Dann kam in Regensburg ein ein¬ 
mütiger Reichsbeschluß zustande, durch welchen die Reichsunmittel¬ 
barkeit von Bremen noch einmal feierlich ausgesprochen und der Stadt 
Sitz und Stimme auf dem Reichstage zuerkannt wurde (Januar 1654). 
Doch was bedeutete bei dem damaligen Zustande des Reiches ein 
noch so feierlich gefaßter und verkündigter Reichsbeschluß gegen 
den begehrlichen Willen einer eroberungslustigen, kriegerischen Macht! 
Die schwedischen Gesandten in Regensburg legten Berufung ein, und 
an der Weser setzte Graf Königsmark ungescheut die Feindselig¬ 
keiten fort. Immer näher an die Stadt heran rückten seine Schanzen, 
immer näher streiften seine Reiter. Wahrscheinlich wäre die Stadt 
zuletzt überwältigt worden, wenn nicht gerade damals in Schweden 
ein Thronwechsel eingetreten wäre. Der neue König von Schweden, 
Karl Gustav aus dem deutschen Hause Pfalz-Zweibrücken, hatte andere 
Pläne; er richtete sein Auge auf die Unterwerfung der polnischen 
Ostseeküste, und so kam es zwischen Schweden und Bremen zu dem 
Vergleich von Stade (Dezember 1654). Ob Bremen reichsunmittelbar 
sei, wurde in diesem Vergleich trotz der unzweideutigen Erklärung des 
Reichstages als eine offene Frage hingestellt. Zunächst sollte die Stadt 
im Besitz der Reichsunmittelbarkeit bleiben; doch mußte sie dem 
Könige einen in gewisser Form vorgeschriebenen Huldigungseid leisten. 
Einen großen Teil ihres Landgebietes mußten die Bremer abtreten. 
Die Stadt ging also verkleinert und mit ungesicherter Zukunft aus 
dem Kampf hervor. „Ein andermal wollen wir es besser machen'*, 
war das drohende Schlußwort Karl Gustavs. 
Die Drohung ist freilich nicht ausgeführt worden. Zwölf Jahre 
später, als die schwedische Regierung den Kampf wieder aufnahm, 
erlitt die schwedische Macht eine völlige Niederlage, und im Frieden 
von Habenhausen wurde Bremen seine Reichsfreiheit von Schweden 
zugestanden. Aber der Ausgang des Bremer Handels im Jahre 1654 
war ein neuer Beweis dafür, daß das Reich und seine Glieder eines 
sichernden Schutzes gegen fremde Gewalttat fast völlig entbehrten. 
Verhandlungen zwischen Karl Gustav und 
Cromwell. Karl Gustav war ein gewaltiger Kriegsmann. Ein Jahr 
nach seiner Thronbesteigung begann er einen Krieg gegen Polen, der 
immer weitere Kreise in seinen Strudel hineinzog, fünf Jahre lang den 
Nordosten Europas in Flammen setzte und endlich den König selber 
verschlang, mit dem Nachruf eines Kriegsmannes ohnegleichen, aber 
eines Staatsmannes ohne jeden dauernden Erfolg. Nun haben diese 
Kämpfe hier, wo es sich darum handelt, die Schwäche Deutschlands 
den Schweden gegenüber zu zeigen, keine Bedeutung. Aber es wurden 
während dieses Krieges einmal merkwürdige Verhandlungen zwischen 
Karl Gustav und Cromwell, dem leitenden Staatsmann der damaligen 
Republik England, geführt, und von diesen soll berichtet werden. 
Karl Gustav wandte sich nämlich an Cromwell mit dem Gesuch 
2*
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.