Full text: Von den alten Deutschen bis zum Jahre 1648 (Teil 1)

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Verschachert die deutsche Krone 
Hat er um Gold, der Gauch. 
Es schielte nach goldenem Lohne 
Von Köln der Bischof auch. 
Das Gold klingt zaubertönig, 
Das Reich ist leerer Schall, 
Drum setzt er ein zum König 
Herrn Richard von Corn- 
wall. 
Ter fuhr den Rhein zu Berge 
Herwärts vom Themsestrom, 
Ans Land setzt ihn der Ferge, 
Er zog zum deutschen Dom: 
Ihn weihten Pfaffenhände, 
Doch blieb er fremd im Land, 
Und als das Gold zu Ende, 
Kehrt' er nach Engelland. 
Frech zieht der Raub jetzt 
nieder 
Von Burg und Bergeshang, 
Verstunlmt sind längst die Lieder, 
Die einst die Minne sang. 
Betört von niedrem Wahne 
Herrscht Selbstsucht, schnöd und wild, 
Es rastet des Reiches Fahne, 
Es rostet des Reiches Schild." 
So klang es hoch in Lüften 
Mit hohlem Geisterton: 
Bor solchem Graus aus Grüften 
Sind bangend wir entflohn. 
Wir sahn die Mäntel wehen 
Hoch überm Moseltal 
lind sahn den Spuk zergehen 
Im bleichen Mondenstrahl. 
Albert Mbser. 
15. Die Feme. 
Es dröhnt ans Tor in tiefer Nacht, 
Der Graf aus schwerem Traum erwacht. 
Er tritt ans Fenster: Es blinkt kein Stern, 
Wie dumpfer Hufschlag schallt's von fern. — 
Der Morgen naht; mit festem Schritt 
In des Herrn Gemach ein Knappe tritt. 
Er reicht ihm mit bleichem Angesicht 
Ein Pergament, indes er spricht: 
„Es war in des Tores Fugen gepreßt, 
Der Dolch mit Kreuzgriff hielt es feft." 
Der Graf wird blaß und wieder rot, 
Dann schäumt er aus: „Bei Hölle und Tod! 
Die Feme schlägt mich in Aberacht, 
Ich biete Trotz ihrer finstern Macht !" 
Schon liegt das Urteil zerfetzt vor dem Tisch: 
„Kein besseres Los gebührt solchem Wisch! 
Den Dolch doch mit des Kreuzgriffs Zier, 
Hier nimm ihn hin — ich schenk ihn dir!" 
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