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tempel in der Oase Siwah und ließ sich>om Orakel für den Sohn des
Jupiter Ammon erklären. Inzwischen hatte Darius alle Völker des
inneren Asiens aufgerufen und hinter Euphrat und Tigris bei Arb ela
und Gangamela eine ungeheure Streitermasse aufgestellt (331). Das 331
Feldherrntalent Alexanders und die Zucht eines geschulten Heeres siegten
über die ungeheuren Sklavenschwärme. Der flüchtige Darius wurde von
dem Verräter Bessus, dem Statthalter Baktrieus, gesangen genommen.
Der Sieger aber fand in Snsa, Persepolis und Ekbatana uuermeß-
üche Beute. Persepolis wurde verbrannt, um Athen an den Persern zu
rächen. Dann eilte Alexander durch Wüsten und Gebirge dem Bessns
nach. Das Heer litt entsetzlichen Durst. Ein Soldat brachte dem König
einen Helm voll trüben Wassers. Er aber sagte: „Für einen zu viel,
für alle zu wenig!" und goß es aus. Als Bessus die Verfolger be-
merkte, erdolchte er den König Darius und floh weiter. Ein Soldat er-
quickte den sterbenden König mit einem Trünke. „Freund", sagte der nn-
glückliche Fürst, „das ist das größte meiner Leiden, daß ich dir diese Wohl-
tat nicht vergelten kann. Alexander wird es tun an meiner Statt. Mögen
ihm die Götter die Großmut vergelten, die er den Meinen erwiesen hat!
Durch dich reiche ich ihm meine Rechte." Alexander betrachtete gerührt
die Leiche, breitete seinen Mantel darüber und ließ sie mit königlichen
Ehren bestatten. Bessus wurde gefangen genommen und gekreuzigt. Die
Eroberung des Weltreiches war vollendet (330). 330
4. Als gewaltiger Herrscher. Alexander wollte griechische Kultur
mit persischem Reichtum vermählen. Die Besiegten suchte er durch An-
nähme persischer Sitten zu gewinnen. Er nahm die schöne Roxane, eine
baktrische Prinzessin, zur Frau, trug persische Kleidung, führte persische
Hofsitten mit Kniebeugung ein und fand immer mehr Gefallen an dem
orientalischen Luxus. Unter den Mazedoniern brach darüber erst Murren
und dann offene Unzufriedenheit aus. Durch jähzorniges Auffahren, Härte
und Ungerechtigkeit wollte sie Alexander zum Schweigen bringen. Er ließ
den Feldherrn Parm enio und dessen tapfern Sohn Philotas hinrichten;
feinen Lebensretter Klitns tötete er im Rausche bei einem Mahle durch
einen Speerwurf.
5. Als kühner Eroberer in Indien (327). Um seinen Tatendurst 327
zu stlllen und seine Soldaten durch neue Waffentaten an sich zu fesseln,
unternahm Alexander einen Eroberungszug nach Indien. Unter schweren
Kämpfen überschritt er den Indus und drang in das Fünfstromland ein.
Den weifen und tapfern König Perus besiegte er und machte ihn zu
feinem Vasallen. Alexander legte Straßen an und gründete Städte, so
die Stadt Buzephala zu Ehren seines gefallenen Streitroffes. Seinern
Lehrer Aristoteles, der auch ein großer Naturforscher war, sandte er
die merkwürdigsten Tiere und Pflanzen aus allen Ländern, die er durch-
zog. Die schwierigen Märsche und aufreibenden Kämpfe ermüdeten end¬
lich seine Soldaten. Sie weigerten sich an den Ufern des Hyphafis,
weiter zu gehen, und auch sein dreitägiges Grollen stimmte sie nicht um.
Da beschloß er zur Freude seiner Krieger die Heimkehr. Zwölf turmhohe
Stegesaltäre wurden errichtet. Die Flotte segelte den Indus hinab; das
Po lack, Geschichtsbilder. 20. Aufl. 2lu8g. A. 5