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gar^nichts an; allein weil er einmal durchaus Streit wollte,
so schickte er seinen Gesandten nach dem Bade Ems, wo
der Köuig von Preußen sich gerade aufhielt, mit dem sonder¬
baren Verlangen, der Köuig solle seinem Vetter die Annahme
der spanischen Krone geradezu untersagen. Es war natürlich,
daß diese ungebührliche Forderung von dem Könige abgelehnt
wurde. Da stellte sich Napoleon verdrossen über König Wil¬
helms feste Haltung und erklärte nnverweilt an Preußen den
Krieg. Und „Krieg!" jubelten des Kaisers Freunde und
Diener; „Krieg!" lärmten die rohen Menschenhaufen, welche
die Straßen von Paris durchzogen: „Tod und Vernichtung
den Preußen!" Bis auf wenige nüchterne Menschen schien
das Volk wie von einem Taumel ergriffen, Alles träumte
und redete nur von Ruhm und Sieg; und mancher prahlte
kecklich: „In drei Wochen werden wir bis Berlin spazieren
und unsere Adler an den Ufern der Spree aufpflanzen."
2. Deutschlands Erhebung. — Ganz anders war
Preußens und Deutschlands Haltung. Der ruchlose Friedens¬
bruch erfüllte das gesamte deutsche Volk mit Ingrimm. Ohne
jegliche Ursache wollte der Feind über unsere Grenzen herein¬
brechen, Verheerung und Zerstörung in Deutschlands fried¬
liche Gaue tragen und die schönsten Landstriche vom vater¬
ländischen Boden losreißen. „Nein," riefen alle Deutschen
einmütig mit König Wilhelm: „kein Fußbreit deutschen
Landes wird hergegeben!" Ein lebendiges Vaterlandsgefühl
durchglühte alle Herzen; der Geist der Freiheitskriege wachte
auf. Und hehr und gewaltig, vou der Nord- uud Ostsee
bis zu den Alpen, flammte die Begeisterung empor für den
heiligen Krieg zur Rettung des Vaterlandes. Da gab
es keine Trennung mehr zwischen Nord- uud Süddeutschland,
da war die Einheit des Vaterlandes in den Herzen des Volkes
mit einem Schlage vollbracht. Und als König Wilhelm
von Preußen, der Oberbefehlshaber der ge¬
samten deutschen Kriegsmacht, zu deu Waffen rief,
eilten nicht bloß seine Preußen und die übrigen Nord¬
deutschen kampfesfreudig herbei, da erhoben sich jubelnd
auch die Bayern und Badener und Schwaben und stellten
sich schlachteumutig und siegesgewiß unter des Heldengreises
bewährte Führung. Durch alle Stände, alle Volksklassen