174 Neugestaltung des Heeres. Der dänische u. d. deutsche Krieg. §§ 234—236.
Bevölkerung von 11 auf 18 Millionen gewachsen war, erst recht nicht
mehr genügten. Er schritt also zu einer Neugestaltung des Heeres.
Es wurden neue Regimenter gebildet, so daß statt 40000 Mann nun
jährlich 63 000 eingestellt werden konnten, und die Reservepflicht wurde
von 2 auf 4 Jahre ausgedehnt: so wurde ein Linienheer geschaffen, das
groß genug war, um die sofortige Einberufung der meist verheirateten
Landwehrmänner bei einer Mobilmachung unnötig zu machen. Aber die
Durchführung dieser Heeresreform, bei der dem König sein Kriegsminister
Albrecht von Roon treu zur Sekte stand, veranlaßte schwere Kämpfe
mit dem Abgeordnetenhause, die erst recht erbittert wurden, als der König
den früheren Bundestagsgesandten Ottg von Bismarck (geboren am
1. April 1815 zu Schönhausen im Regierungsbezirk Magdeburg), der zu¬
letzt kurze Zeit Gesandter in St. Petersburg und in Paris gewesen war,
1862. zum leitenden Minister machte. Man fürchtete, er werde die Bahnen
gehen, die Preußen einst nach Olmütz geführt hatten, während er es mit
fester Entschlossenheit stärker und mächtiger zu machen trachtete und den
Weg betrat, der dann zur Einigung Deutschlands unter Preußens Leitung
führte. Er hatte als Gesandter beim Bundestag in Frankfurt erkannt,
daß für Preußen und Österreich nebeneinander im Deutschen Bunde kein
Raum war; darum trat er dem Versuche, den im österreichischen Sinne
der Kaiser Franz Joseph im Frankfurter Fürstentag 1863 zur Lösung
der deutschen Frage machte, bestimmt entgegen. So erweiterte sich die
Kluft zwischen Preußen und Österreich; doch noch einmal sollten beide
nebeneinander kämpfen, ehe sie ihre Schwerter kreuzten.
§ 235. Der dänische Krieg. 1864. Der dänische König
Friedrich VII. war 1863 gestorben. Nach dem Londoner Protokoll, das
Preußen und Österreich unterschrieben hatten (§ 232, 2), sollte sein Nach¬
folger in Dänemark, der Glücksburger Christian IX., auch in Schles-
wig-Holstein folgen. Der Deutsche Bund aber hatte das Londoner
Protokoll nicht anerkannt; er sah für Holstein, das zum Bunde gehörte,
den Herzog Friedlich von Augustenburg als den rechten Erben an und
beschloß, Bundestruppen nach Holstein zu senden, um seinen Willen durch¬
zusetzen. Die beiden deutschen Großmächte konnten sich dem nicht an¬
schließen, erhielten aber einen Kriegsgrund, als Christian IX. das Herzog¬
tum Schleswig rechtswidrig dem dänischen Reiche einverleibte. So begann
1864. der zweite schleswig-holsteinische oder dänische Krieg 1864; durch den
Sieg der Österreicher bei Överfee, die Erstürmung der Düppel er
Schanzen (18. April) durch die Preußen unter Prinz Friedrich
Karl und den Übergang der Preußen nach Alfen wurde Dänemark ge¬
nötigt, im Wiener Frieden Schleswig-Holstein und Lauenburg
an Preußen und Österreich abzutreten.
§ 236. Der deutsche Krieg. 1866. Aber die Frage nach der
Stellung der eben erst erworbenen Lande zu dem übrigen Deutschland