Full text: Bilder aus der Alten und vaterländischen Geschichte

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Gaugrafen setzte. Dieselben hielten Gericht, wachten über die Ordnung, er¬ 
hoben Steuern und führten den Heerbann. Die Mark- oder Grenzgrafen 
bewachten die Grenzen und bekämpften die feindlichen Nachbarn. Die Pfalz- 
grafen standen den königlichen Schlössern und Gütern vor. Die Send- 
grafen reisten umher, prüften alles und berichteten dem Kaiser. Das Maifeld 
war eine große Heerschau im Frühling. Mit demselben war meistens ein 
Reichstag verbunden, auf dem geistliche und weltliche Abgesandte aus dem 
ganzen Reiche auf freiem Felde oder bei Regen in einer Pfalz Beratungen 
hielten und ihre Beschlüsse endlich vom Kaiser bestätigen ließen. Karl unter¬ 
siegelte mit seinem Degenknopfe. „Hier ist mein Befehl und hier das Schwert, 
das Gehorsam schaffen wird!" pflegte er Halsstarrigen zu sagen. 
Die Kirche breitete er aus, schirmte und förderte sie. Dem Gottes¬ 
dienste gab er eine größere Feierlichkeit durch Orgeln aus Italien. Den Gesang 
der Franken, der dem Gebrüll wilder Tiere glich, suchte er durch Singschulen 
zu veredeln. Er ließ gute Predigten ins Deutsche übersetzen, den Geistlichen 
eine bessere Bildung, eine ordentliche Besoldung und geregelte Aufsicht geben. 
Große Sorgfalt verwandte er unter dem Beistände des Engländers Alkuin 
auf die Schulen. Durch sie sollten die Wissenschaften gepflegt und die 
Sitten des Volkes gebildet werden. Häufig besuchte er Schulen und er¬ 
kundigte sich nach den Fortschritten und dem Betragen der Schüler. Als er einst 
vornehme Schüler unwissender als arme Knaben fand, fchalt er sie hart: „Ihr 
dünkt euch wohl zu vornehm zum Lernen? Euer Adel uud eure hübschen Gesichter 
gelten nichts bei mir. Faule und unnütze Buben haben nichts von mir zu hoffen!" 
Den Fleißigen aber sagte er: „Ich freue mich, daß ihr gut einschlagt; bleibt da¬ 
bei, der Lohn wird seiner Zeit nicht ausbleiben." — Deutsche Art und Sprache 
pflegte Kart dadurch, daß er den Winden und Monaten deutsche Namen gab, 
eine Sprachlehre anfertigen und deutsche Sageu und Heldenlieder sammeln 
ließ. Handel und Gewerbe förderte er durch gleiches Maß und Gewicht, 
durch Anlegung von Wegen, Brücken, Kanälen und Handelsplätzen, die Bau¬ 
kunst durch den Bau von Kirchen, Palästen, Brücken, Leuchttürmen und 
Badeanstalten, die Landwirtschaft durch feine Mustermeiereien, denen er 
die größte Sorgfalt widmete. — Sein Ruhm erscholl in alle Welt. Der 
berühmte Kalif Harun al Raschid in Bagdad sandte ihm Geschenke, z. B. 
eine kunstvolle Wasseruhr und einen gelehrigen Elefanten, Karl schickte ihm 
dagegen feine Pelze und abgerichtete Hunde und Pferde. 
7. Sein frommes Ende (814). Karl weilte am liebsten in Aachen. 
Dort ließ er seinen einzigen Sohn Ludwig krönen, nachdem er ihn ermahnt, 
Gott zu fürchten, sein Volk zu lieben, die Armen zu unterstützen, getreue 
Beamte einzusetzen und sich vor Gott und der Welt unsträflich zu halten. 
Kurze Zeit darauf ward er krank und starb im 70. Lebens- und 46. Regierungs¬ 
jahre nach Empfang des heiligen Abendmahls mit den Worten: „Vater, in 
deine Hände befehle ich meinen Geist!" Sein Leichnam wurde einbalsamiert 
und im kaiserlichen Schmucke auf einen Stuhl in einer Gruft des Domes 
zu Aachen gesetzt. Die Krone auf dem Haupte, das Evangelienbuch auf den 
Knieen, die Pilgertasche an der Hüfte, Zepter und Schild zu Füßeu, die 
©nist mit Spezereien gefüllt: so fand ihn Kaiser Otto III. im Jahre 1000, 
als er die Gruft öffnen ließ, um den großen Toten zu sehen. 
8. Seine schwache;: Nachfolger. Ludwig der Fromme war zu 
schwach für die Regierung eines so gewaltigen Reiches. Die Großen des 
Reiches und seine eigenen Söhne entwanden ihm die Zügel. Nach einem. 
Leben voll Unruhe, Schmerz und Schmach starb er auf der Flucht vor einem
	        
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