II. Die Zeit des Kampfes zwischen Heidentum und Christentum. 19
Lehrer und Schüler sprachen nicht deutsch, sondern lateinisch. Gedruckte
Bücher, Stahl- und Bleifedern, Papier, Schiefer- und Wandtafeln
gab es noch nicht; die Schüler erhielten Holz- oder Wachstäfelchen,
wohl gar Birkenrinde, um sich darauf mit einem Rohre oder
Gänsekiele in der Schreibkunst zu üben, während die Mönche ihre
Schriften auf Pergamente setzten. Die Buchstaben waren unsern
Druckbuchstaben ähnlich, oft reich verziert und verschnörkelt, wie man
solches jetzt noch in alten Handschriften sehen kann. Wer fleißig und
strebsam war, der konnte es in den Klosterschulen zu großer Weisheit
und Kunstfertigkeit bringen und hohe Ämter in Kirche und Staat
erlangen. Gelehrte Männer, die Ratgeber bei Kaiser und Fürsten
waren, Bischöse und selbst Päpste sind aus solchen Schulen hervor¬
gegangen.
19* Verbesserungen in der Landwirtschaft.
Die gelichteten Stellen des Waldes, die nicht als Bauplatz und
Hosraum dienten, wurden durch die Klosterleute in Garten- und
Ackerland verwandelt. Die meisten Blumen, veredelten Obstsorten,
Gewürz- und Gemüsepflanzen in unsern Gärten sind durch jene Mönche
bei uns eingeführt worden. Auch der Weizen ist durch sie zu uns ge¬
kommen und mit ihm die blaue Kornblume, die ihre Heimat auf der
Insel Sizilien hat. Die Mönche pflegten auch die Haustiere besser,
indem sie die Weidewirtschaft in Stallwirtschast verwandelten. Dadurch
gewannen sie Dünger und konnten durch Düngung und bessere Be¬
arbeitung die Ertragsfähigkeit des Bodens erhöhen. Die Klöster sind
daher für das Emporblühen eines neuen Lebens in unserm Lande von
der größten Bedeutung gewesen; ihre Güter waren Musterwirtschaften.
Von den großen Anstrengungen, welche bei der Urbarmachung des
Landes nötig waren, zeugen noch heute die vielen Ortsnamen mit
„rode", „rott", „reut", die in jener Zeit entstanden sind; auf den
schwindenden Wald weisen die Namen mit „schwenden",, auf die An¬
lage von Acker und Wiese die Namen mit „feld", „wang" und „au".
20. Die Dorfkirche.
1. Auf ähnliche Weise wie die Klöster sind auch die meisten
ältesten Dorfkirchen entstanden. Vom nächsten Bistume oder Kloster
aus kam ein Mönch, um auch hier dem Christentume eine Stätte zu
bereiten. Gar oft war es die eigene Heimat, die der Missionar aus¬
suchte. Hier waren ihm Sitten und Gebräuche bekannt, und er wußte
daher am besten, den Weg zu den Herzen zu finden. Sein erster
Gang galt dem Edelinge oder Gaugrafen, der ihn in gewohnter Gast¬
freundschaft empfing. Des Edelings Haus mußte dem Herrn zuerst
gewonnen werden. Hier setzte sich der Missionar des Abends an das
Herdfeuer und erzählte seine Heilandsgeschichten, wenn die andern