§ 124. Napoleons Wiederkehr und Ende. 193
§ 124. Napoleons Wiederkehr und Ende.
1. Die Herrschaft der hundert Tage. Mitten in die Ver-
Handlungen und Lustbarkeiten des Wiener Kongresses traf die Nach- ^*"<3
richt, daß Napoleon sich von Elba entfernt und wieder nach Frankreich oiautuu"
begeben habe. Dort hatte sich der Röntg Ludwig XVIII. schnell un¬
beliebt gemacht. Napoleon erfuhr dies und glaubte sich wieder in
den Besitz der französischen Herrschaft setzen zu können; er landete
deshalb mit einer kleinen Truppenschar am 1. März 1815 in Süd¬
frankreich. Die gegen ihn ausgesandten Truppen unter dem Marschall
Ney gingen zu ihm über; schon am 20. Marz zog er triumphierend
in Paris ein; Ludwig XVIII. flüchtete in die Niederlande. Die
in Wien vereinigten Fürsten taten Napoleon als Ruhestörer in die
Acht und sammelten zahlreiche Streitkräfte. So wurde in Belgien
ein englisch-deutsches Heer unter Wellington und ein preußisches Heer
unter Blücher aufgestellt. In der Schlacht bei Ligny (16. Juni) aigm,
siegte Napoleon über Blücher, der selbst in Lebensgefahr kam, wäh-
rend Wellington gleichzeitig einen Angriff Neys in dem Gefecht
bei Quatrebras zurückwies; hier starb der tapfere Herzog FriedrichQuatrebras
Wilhelm von Braunschweig den Heldentod. Am 18. Juni wurde dann
die entscheidende Schlacht bei Waterloo oder Belle-Alliance
in der Nähe von Brüssel geschlagen. Napoleon griff hier Welling-
tons Heer mit Ungestüm an; doch dessen Truppen standen wie Mauern.
Allmählich aber wurden ihre Reihen lichter, und Wellington seufzte:
„Blücher oder die Nacht!" Blücher hatte versprochen, am Nachmittag
mit seiner ganzen Armee zu erscheinen. Trotz des strömenden Regens
und der grundlosen Wege kam er noch rechtzeitig zur Stelle. Ver¬
geblich war nun die Tapferkeit der französischen Garden; bald riefen
Stimmen: „Rette sich, wer kann!" und die Franzosen ergriffen die
Flucht. Am Abend begrüßten sich Wellington und Blücher vor dem
Eutshofe von Belle-Alliance als Sieger. Gneisenau, Blüchers
Generalstabschef, vervollständigte den Sieg, indem er den Feinden
„bis zum letzten Hauch von Roß und Mann" nachsetzte. Napoleon
selbst entrann den Verfolgern nur dadurch, daß er aus seinem Reise-
wagen sprang und seine Flucht zu Pferde fortsetzte; er mußte den
Preußen Hut, Mantel, Degen und viele Kostbarkeiten zurücklassen.
Sein Heer war vernichtet, er entsagte deshalb „zugunsten seines
Sohnes" der Herrschaft und begab sich zu Rochefort an der französi¬
schen Westküste in den Schutz der Engländer. Er wurde nunmehr auf
der Insel St. Helena gefangen gehalten; dort lebte er im Kreise Napoleons
einiger Getreuen noch sechs Jahre. Er starb am 5. Mai 1821; seine ©?*&
Hentze, Geschichte für Mittelschulen. III. 10