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Adolf von Nassau 1292-1298
der Gründer von Königsberg in Preußen, zu nutze gemacht, um Öster¬
reich, Steiermark, Kärnten und Krain an sich zu reißen. Da er trotz
wiederholter Ladungen Rudolfs, sich auf einem Reichstage wegen seiner
Erwerbungen zu rechtfertigen, nicht erschien, wurde er geächtet und mit
Krieg überzogen. Rudolf rückte selbst vor Wien und zwang seinen
Gegner 1276 zur Herausgabe der österreichischen Lander. Ein zweiter
Feldzug gegen den Böhmenkönig, der die Demütigungen auf die Dauer
nicht ertragen konnte, endete 1278 mit seiner Niederlage und seinem
Tode bei Dürrnkrutt aus dem Marchselde. Vier Jahre später,
1282, belehnte Rndols seine Söhne Albrecht und Rudolf mit Österreich,
Steiermark und Krain und legte somit den Grund zur Habsburgi¬
schen Hausmacht; Kärnten erhielt Albrechts Schwiegervater, der Graf
Meinhard von Görz und Tirol, Böhmen blieb bei Ottokars Sohne
Wenzel.
[Rudolf im Reiche]. Rudolfs Versuche, auch anderwärts, in
Burgund, Ungarn und Schwaben, Erwerbungen für feine Familie zu
machen, führten zu keinem Ergebnis. Dagegen^ verschaffte er sich dadurch
einen bedeutenden Einfluß, daß er seine sechs Töchter an die ersten
Fürsten des Reiches vermählte, obwohl er sich diesen gegenüber verpflichten
mußte, zu jeder wichtigen Regierungsthat ihre Gutheißung, die sogenannten
Willebriefe, einzuholen. Im übrigen war Rudolf bemüht, die von
ihm gebotenen Landfriedensgesetze mit Strenge zu handhaben; er zerstörte
zahlreiche Raubburgen, besonders in Süd-und Mitteldeutschland, und
ließ viele Raubritter dem Henker überantworten, aber er konnte doch
nicht alle Fehden beilegen und mußte vollends auf einen Römerzug und
damit auf die Erlangung der Kaiserkrone verzichten.
§ 76 Adolf von Nassau 1292—1298. [SeinVerfnch, Thüringen
zu erwerben]. Rudolfs Sohn, Albrecht von Österreich, war den meisten
Fürsten zu mächtig und streng, als daß sie ihn zu ihrem Herrn erkoren
hätten. Die Wahl traf vielmehr den ritterlichen aber machtlosen Grafen
Adolf von Nassau, der seinen Wählern allerlei Rechte bewilligen
mußte. Unter solchen Verhältnissen konnte den König nur die Erwerbung
einer Hausmacht vor gänzlicher Bedeutungslosigkeit retten: er kaufte von
Albrecht dem Unartigen (degener) die Landgraffchaft Thüringen
und Meißen, geriet aber mit Albrechts Söhnen Friedrich („mit der
gebissenen Wange") und Diez mann in einen langjährigen Krieg, dessen
glücklicher Ausgang ihm die Zuneigung der Fürsten verscherzte. Es
bildete sich eine Verschwörung, an deren Spitze Albrecht von Öster¬
reich und Wenzel von Böhmen standen: Adolf wurde abgesetzt und