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V. Luthers letzte Lebensjahre. 
A. Darbietung. 
Wie Luther sein thatenreicheS Leben beschloß. 
1. Wie Luther die Übersetzung der Bibel vollendete. 
a. Die Vollendung des Werks. Auf der Wartburg begann 
Luther im Jahre 1521 die Verdeutschung der heiligen Schrift. Zuerst 
übertrug er das neue Testament und die Psalmen in die deutsche Sprache. 
Im Herbste des Jahres 1522 erschien es und fand die günstigste Auf¬ 
nahme. Seitdem befaßte sich Luther eifrig mit der weiteren Verdeut¬ 
schung des alten Testamentes, die er schon früher begonnen hatte. Dies 
war jedoch eine Riesenarbeit, welche Riesengeduld erforderte; denn es 
gab damals weder ausführliche Wörterbücher, noch war die hebräische 
Sprache genau durchforscht. Insbesondere unterstützte ihn hierbei der 
gelehrte Melanchthon, der ihm auch bei der Übersetzung des neuen Testa¬ 
mentes hilfreich zur Seite gestanden hatte. Den langen Aufenthalt auf 
der Feste zu Koburg benutzte Luther wie den auf der Wartburg, an 
seiner Lebensaufgabe, der Verdeutschung der Bibel, rüstig weiter zu 
arbeiten. Im Jahre 1534 ward sie endlich vollendet, zur großen Freude 
aller. Man kann sich von der Schwierigkeit der Arbeit kaum einen 
richtigen Begriff machen. Daher wollen wir zumeist mit Luthers eignen 
Worten schildern, wie treu und emsig Luther an der Bibelübersetzung 
gearbeitet hat. 
b. Die Schwierigkeiten der Übersetzung. Als er z. B. an 
die Opfergesetze im 3. Buch Mosis kam, pflegte er zu einem Fleischer 
zu gehen, ließ vor seinen Augeu ein Tier schlachten, fragte dann nach 
allen Namen und Ausdrücken für die einzelnen Teile des Tieres und 
für die einzelnen Verrichtungen und nahm dann diese Ausdrücke in seine 
deutsche Übersetzung auf. In gleicher Weise erfragte er die Namen ge¬ 
wisser Raubtiere, gewissen Wildbrets und Gewürms. Vom Kurfürsten 
ließ er die Edelsteine schicken und erkundigte sich eifrig nach deren Namen, 
um die Namen der in der Bibel genannten Edelsteine richtig übersetzen zu 
können. Oft schien es ihm unmöglich, die Bibel richtig und volksver¬ 
ständlich zu übersetzen. Ach Gott! — schreibt er im Jahre 1528 — 
wie ein groß und verdrießlich Werk ist es, die hebräischen Schreiber zu 
zwingen, deutsch zu reden! Wie sträuben sie sich und wollen ihre 
hebräische Art gar nicht lassen und dem groben Deutschen nachfolgen. 
Ich habe mich dessen beflissen, daß ich rein und klar deutsch reden wollte. 
Trotzdem kam es vor, daß wir zwei, drei, vier Wochen nach einem ein¬ 
zigen Worte gesucht und gefragt haben, ohne es zu finden. Daher 
konnten wir besonders im Hiob öfter in 4 Tagen kaum 3 Zeilen fertig
	        
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