Ergänzung: Der Weltkrieg.
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Belgien, Montenegro und Japan, und mit Engländern und Franzosen zogen Indier,
Neger, Turkos und Zuaven in bunter Reihe gegen uns ins Feld.
7. Unser deutsches Volk zeigt sich beim Ausbruche des Kampfes in seiner ganzen
Größe. Die erste Augustwoche 1914 brachte ein erhebendes Schauspiel. Das deutsche
Volk stand wie ein Mann auf zum Kampfe. Ter Wille zum Siege durchströmte
gleichmäßig Volk und Heer. „Durch Not und Tod zum Sieg" war seine Parole.
Die Mobilmachung und der Aufmarsch unseres MMonenheeres vollzogen sich durch die
glänzenden Leistungen unserer Eisenbahnen wie ein ohne Störung ablaufendes Uhr¬
werk. Die Krieger Österreich-Ungarns und Deutschlands rückten Schulter an Schulter
zum westlichen, östlichen und südlichen Kriegsschauplatz, und diese Verbrüderung
steigerte die Begeisterung unserer Truppen, wenn sie noch einer Steigerung fähig
war. Die Not der Zeit weckte einen Opfermut, wie ihn die deutsche Geschichte größer
nie gesehen hat: gegen zwei Millionen Kriegsfreiwilliger meldeten sich zu den
Fahnen und sehnten ungeduldig den Tag herbei, an dem sie vor den Feind durften.
Dem Opfermut der Kämpfer stand der Opfermut der Daheimgebliebenen zur
Seite. In der freiwilligen Krankenpflege, in der Fürsorge sür die Familien unserer
Krieger, in der Verpflegung der durchziehenden Truppen und in der Sorge um die
deutschen Flüchtlinge ans Belgien und Ostpreußen überboten Männer und Frauen
einander. Partei-, Standes- und Konfessionsunterschiede waren mit einem
Male verschwunden, das deutsche Volk glich einem hartgeschmiedeten Stahlblock,
an dem des Feindes Stoß abprallen mußte. Und der Deutsche besann sich auf
sich selbst in jenen Tagen. Er machte sich frei von der Bewunderung des Aus¬
landes. — Mit dieser Begeisterung, diesem Opfermut und dieser Selbstbesinnung ver¬
band sich eine religiöse Wiedergeburt, schön und erhaben, wie man sie vor¬
her kaum für möglich gehalten hatte. Die Kirchen füllten sich, und heiße Gebete
stiegen hinauf ^m Herrn der Heerscharen um Schutz und Sieg und Frieden.
Am 5' August erneuerte der Kaiser das Eiserne Kreuz, das in schwerer Zeit
1813 gestiftet und bereits einmal (1870) erneuert wurde und stets das höchste Ziel
des Ehrgeizes der deutschen Krieger war.
8. Belgien wird erobert. Nachdem Teile des VIII. Armeekorps am 2. August
Luxemburg besetzt hatten, rückten andere deutsche Truppen am 4. August in Belgien
ein. Zwar galt Belgien als neutral, und der Reichskanzler erklärte noch in der Reichs¬
tagssitzung vom 4. August offen die Besetzung Belgiens als Verletzung des Völker¬
rechts, zu der wir aber durch die Notlage gezwungen feien. Er versprach gleichzeitig,
das Unrecht wieder gut machen zu wollen, wenn das militärische Ziel erreicht sei. Es
hätte der Entschuldigung nicht bedurft. Denn als unsere Truppen später Brüssel besetzt
hatten und belgische Staatsakten beschlagnahmten, stellte sich heraus, daß Belgien
bereits 1906 einen Vertrag mit England geschlossen hatte, nach dem im Falle eines
Krieges englische Truppen durch Belgien gegen die deutsche Grenze marschieren
konnten. So war die belgische Neutralität ein Gaukelspiel, und wenn sie nicht bestand,
konnte sie von uns auch nicht gebrochen werden. Am 7. August nahmen unsere Truppen
unter Führung des Generals von Emmich Lüttich im Sturm. Dieser Sturm auf die
modern ausgebaute Festung mit zwöls Forts war eine schwere Arbeit, um so schwerer,
als nur „sechs Friedensbrigaden mit etwas Kavallerie und Artillerie" die Festung
nahmen. Zum ersten Male beteiligte sich hier ein deutsches Lustschiff (Z 6) erfolgreich
am Kampfe, auch die neuen Kruppschen 42-em-Mörser leisteten vor Lüttich ihre erste
Kriegsarbeit und machten die rasche Einnahme sämtlicher Forts möglich. Der König