Zweite Unterabteilung.
(Der Aufschwung der beideu nordischen Großmächte: 1. Rußland und 2. Preußen
— 3. Geschichte Österreichs unter Maria Theresia und Joseph II. —
4. England und Nordamerika.)
Unter den großen Nationen Europas sind die in den östlichen Landen
dieses Erdteiles wohnenden slavischen Völker am spätesten zur Geltung,
gekommen. Im Altertums stehen zunächst die Griechen, dann die Römer
im Vordergrunde, im Mittelalter spielen die germanischen Völker die
Hauptrolle, in der Neuzeit aber verteilt sich der Einfluß auf romanische,
germanische und endlich auch slavische Staaten. Die letztgenannte
Nationalität ist zum dauernden Besitz einer Großmacht erst durch den
russischen Czaren Peter den Großen gelangt.
In früherer Zeit, vor der Regierung dieses Kaisers, war Rußland
noch wenig bekannt in Europa. Die Bewohner desselben galten mehr
für Asiaten, und wirklich schlössen sie sich diesen auch durch Kleidung,
Sitten und Gebräuche enger an. Die einzelnen Völker dieses großen
nordischen Reiches standen unter Fürsten, die man Czare (d. i. Cäsar)
nannte. Nur selten traten diese durch Gesandtschaften mit den übrigen
europäischen Fürsten in Verbindung. So blieb Rußland, bis Peter, ein
Czar aus dem Hause Romanow, das mit dem früheren Regentenhause
Rurik verwandt war, mit unumschränkter erblicher Gewalt den Thron
bestieg und europäische Bildung und Gesittung einheimisch machte. Unter
ihm wurde Rußland eine europäische Großmacht.
1* Die Cutwickelung der russischen Großmacht durch Peter
den Groszeu und Katharina II.
Peter der Große (1689 — 1725). — Jugendgeschicke und
erste Regierungszeit"5e^Ezaren. — Peter war der jüngste
von drei Söhnen, die der Czar Alexei hinterließ. Der älteste, Feodor,
starb schon 1682 und hatte, da er keinen Erben hinterließ, auf dem
Todesbette seinen unmündigen, aber talentvollen Halbbruder Peter, mit
Ausschließung seines schwächlichen Bruders Iwan, zu seinem Nach-
folger, und dessen Mutter Natalie zur Regentin während der Minder-
jährigkeit ernannt. Hierüber war Peters Halbschwester, Sophie,
höchst erbittert; denn sie war herrschsüchtig und hatte nichts sehnlicher