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lautes Gekrähe, das gleich einem Signalruf durch das on Dorf läuft.
öben am Knopfe des Kirchturms kehrt die Schleiereule von ihren
Nchtlichen Streifzügen heim in das warme Nest, dort den Tag in
abgeschlossener Ruhe zu verträumen, nachdem sie während der Nacht
auf Feld und Wiese eine ziemliche Anzahl Mäuse erjagt hat; denn
sie ist ein vortrefflicher Flurschütze. Der Storch auf dem Dache erhebt
sich aus dem hohen Dornenneste und reckt bedächtig die langen Flügel,
schaut sich mit weit vorgebo—
genem Halse die Gegend an
ünd verkundet durch weitschal⸗
lendes Geklapper den übrigen
Genossen, daß er munter sei.
In den von starkem Nachtthau
glitzernden und blitzenden He—
ken, Büschen und Bäumen
der Bauerngärten werden all—
mählich die leinen Singvögel
lebendig. Im Innern der
Häuser, die, durch kleine Gärten
getrennt, in langer, unregel—
mäßiger Reihe sich erstrecken,
erden Zeichen des Erwachens sichtbar. Hier und da knarrt eine
Thür, und aus dem Dunkel des Hauses tritt in Holzpantoffeln,
groͤßen, bis an die Knie reichenden wollenen Strümpfen und engen
kurzen Beinkleidern von Leinwand, ein Taglöhner heraus, reibt sich,
noch halb schlaftrunken, mit der braunen, schwieligen Hand die Augen
Und schaut bedächtig umher, das Wetter zu erkunden. Am Feuer des
Herdes, das durch die offene Thür durchscheint, bereitet die Frau
aus wenig Kaffeebohnen, Cichorien und Sirup den Morgentrank,
da nl nem derben Slück Schwarzbrot das erste Frühstück bildet.
Ein Postillon, der mit seinen muüden Rossen langsam durch das
Dorf zurückreitet, setzt das Horn an den Mund und freudig tönt sein
Freut euch des Lebens!“ in den schönen Morgen hinein. Raschen
Schrittes gehen die Mägde zum Brunnen, das Wasser zum Tränken
der Kuͤhe aufzuwinden und die Tröge am Brunnen zu füllen. Die
Kühe kommen, eine nach der andern, leise brummend herangelaufen.
Die Knechte schirren die Pferde an und spannen sie vor den Wagen.
Menschen und Thiere eilen hinaus auf's Feld, und die aufgehende
Sonne findet sie an ihrer Arbeit.
Grenzboten.
3. Der weiße Spatz.
Es war ein Bauer, bei dem ging's den Krebsgang von Jahr zu Jahr
mehr. Sein Vieh fiel Stück fur Stuc, seine Aecker trügen nicht die Haͤlfte
von dem ein, was sie iragen mußten, und die Ellenbogen fingen bereits
an, durch das Wams zu sehen, während der Steuerpfaͤnder und Pfand⸗
belleiher fast wohentlich zum Fenster hineinsah und höflich grüßend zu