58. Der Bürgerkrieg in Nord-Amerika. 515
in welchem die Unirten 14,000 M., die Conföderirten 12,000 M. verloren,
ohne daß eine Entscheidung bei eintretender Dunkelheit erfolgt war. Zwar
zog sich Lee über den Potomac zurück, aber Clellan verfolgte ihn nicht,
sondern begnügte sich damit, die Grenze von Maryland gegen neue Ein¬
fälle zu sichern. Als er auf den kategorischen Befehl der Washingtoner
Regierung, den Potomac zu überschreiten und sofort die Offensive zu er¬
greifen, zwar mit Widerwillen gehorchte, aber den eigentlichen Angriff
von Neuem verschob, indem er auf die Unvollständigkeit der Reor¬
ganisation der Unions-Armee hinwies, während sein Gegner Lee die so
verstrichenen 40 Tage auf's trefflichste zur Beendigung seiner Vorberei¬
tungen benutzte, gab der Präsident Lincoln der allgemeinen Erbitterung
über Clellan's schwankende und zögernde Kriegsführung nach und entzog
ihm (8. Nov.) den Oberbefehl über die Potomac-Armee, indem er diesen dem
General Burnside übertrug.
Wie auf dem östlichen Kriegsschauplätze, so waren auch auf dem mitt¬
leren und westlichen die Conföderirten wieder in die Defensive zurück¬
gedrängt worden. Schon in Kentucky und Tennessee vorgedrungen, hatten
sie sich gegen Corinth im Staate Mississippi in Bewegung gesetzt; aber
hier erlitten sie durch den General Rosencrans eine entschiedene Niederlage
(4. Oct.). Eben so wenig gelang es den conföderirten Generalen (Hindman
und Reuns), welche von Arkansas aus in Missouri eingefallen waren, sich
dort zu behaupten. Rosencrans erhielt nach seinem Siege bei Corinth den
Oberbefehl über die Cumberland-Armee und rechtfertigte das in ihn gesetzte
Vertrauen vollständig sowohl durch die schnelle und umsichtige Reorgani¬
sation seiner Armee, als durch den Entsatz der hart bedrängten Stadt
Nashville.
Burnside, der neue Befehlshaber der östlichen oder Potomac-Armee,
entwarf den Plan, bei Fredericksburg den Fluß Rappahannock zu über¬
schreiten und durch rasches Vorgehen gegen Richmond seinen Gegner Lee
zum Rückzug bis an die James-Linie zu nöthigen. Allein dieser hatte auf
den Höhen bei Fredericksbnrg eine vortreffliche Defensiv-Stellung einge¬
nommen; Burnside's Angriff auf dieselbe führte die Schlacht bei Fre¬
dericksburg herbei (13. Dec.), in welcher er mit einem Verluste von
13,000 M. geschlagen wurde und sich in Folge dessen über den Rappa¬
hannock zurückziehen mußte.
Die gedruckte Stimmung, welche sich des Nordens durch die Schreckens¬
kunde von dieser Niederlage bemächtigt hatte, wurde einiger Maßen wieder
gehoben durch die Resultate, welche General Rosencrans im mittlern
Tennessee durch den Sieg bei Murfreesborough (30. Dec.) und die
Einnahme dieser'kleinen Stadt gewonnen hatte. Doch der große eigene
Verlust (11,500 M.) hinderte ihn, den Sieg zu verfolgen, und es trat auf
diesem Centrum der weiten Angriffslinie in Folge der winterlichen Jahres^
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