Full text: Deutsche Geschichte mit Ausblick auf die Nachbarstaaten (Teil 3)

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II. Bit Germanen im Kampfe mit den Römer». 
6. Römische Bedrücker. 
1. Cäsar, Drusus und Tiberius. Bereits 50 v. Chr. hatte der römische 
Feldherr Julius Cäsar Gallien bis an den Rhein erobert. (II., S. 78.) Kaiser 
Augustus wollte aber noch weiter vordringen und sich ganz Germanien unter¬ 
werfen. Zuerst schickte er seine beiden Stiefsöhne, Drusus und Tiberius, 
dorthin. Diese eroberten den südlichen Teil des Landes bis zur Donau. Am Lech und 
an der Donau legten sie feste Plätze an, aus denen später Städte geworden sind, wie 
Augsburg, Passau, Regensburg uud Wien. Während Tiberius an der Donan 
blieb, ließ Drnsns am Rhein und in dessen Nähe 50 Burgeu anlegen, aus beiten 
sich ebenfalls Städte entwickelt haben, z. B. Straßburg, Speier, Worms, 
Mainz, Koblenz, Bonn, Cöln, Aachen, Trier. Vom Rhein aus unternahm 
Drusus vier Heereszüge nach Germanien. Zuletzt drang er bis zur Elbe vor. Hier 
stellte sich ihm — wie die Sage berichtet — ein riesenhaftes Zauberweib entgegen 
und sprach drohend zu ihm: „Wohin, unersättlicher Drnsus? Es ist dir nicht 
beschieden, alle diese Länder zu schauen. Kehre um, du stehst am Ziele deines 
Lebens!" Erschreckt kehrte Drusus um; beim Übergauge über die Saale stürzte er 
mit dem Pferde, brach ein Bein und starb bald darauf. 
Hierauf fetzte fein Brnder Tiberins das Erobernngswerk fort und unterjochte 
durch List und Verrat alle germanischen Völker zwischen Rhein und Elbe. Überall 
suchten die Römer römischen Gottesdienst, römisches Recht und römische Sitten 
einzuführen. Viele Germanen traten in römische Kriegsdienste, und die Söhne 
der Edeln wurden nach Rom geschickt, um dort erzogen zu werden. 
2. Varus. Im Jahre 6 n. Chr. schickte der Kaiser seinen Feldherrn Varus 
als Statthalter nach Germanien. Dieser errichtete an der Weser ein festes Lager 
und behandelte ganz Nordgermanien wie eine römische Provinz. Die alten 
Schiedsgerichte hob er auf und fetzte römische Richter ein, die in ihrer Sprache und 
nach ihrem Gesetze das germanische Volk richteten. Auch legte er Steuern aus, die 
bis dahin kein freier Mann gezahlt hatte. Wenn er durch das Land zog, ließ er 
nach römischer Weise Beil und Rutenbündel vor sich hertragen zum Zeichen, daß er 
Macht über Leben und Tod habe. Ja, es kam vor, daß freie Germanen wegen 
geringer Vergehen mit Ruten gepeitscht oder wohl gar mit dem Henkerbeile hingerichtet 
wurden, während die Todesstrafe bei den Germanen nur auf Landesverrat und Feig¬ 
heit im Kriege festgesetzt war. Das alles erfüllte die alten Deutschen mit Ingrimm. 
9. Armin oder Hermann, der Befreier Deutschlands. 9 n. Chr. 
1. Hermann. Bald kam dem bedrängten Lande der Retter; das war Hermann, 
der Sohn eines Cheruskerfürsten. (Die Cherusker, d. H. Schwertmänner, wohnten 
zwischen Weser und Aller.) „Er hatte srüher die Römer auf vielen Feldzügen be¬ 
gleitet und besaß außer dem römischen Bürgerrechte auch den Rang eines römischen 
Ritters." 
Varus glaubte, Hermann sei im Herzen ein Römer, und lud ihn öfters zu 
Tische. Zwar warnte ihn Segeft, ein römerfreundlicher Germane, und sagte: 
„Trane Hermann nicht, er ist ein Verräter!" Aber Varus achtete nicht darauf; 
denn er hielt die Warnung des „plumpen Germanen" für rachsüchtige Ver¬ 
leumdung.
	        
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