— III —
2. Phönicier.
1. Wohnsitz. Die Phönicier bewohnten die Ostküste des mittelländischen Meeres
und zwar den schmalen Küstensaum, welcher sich zwischen dem Meere und dem Libanon
ausdehnt. Der steinige Boden dieses Landstriches war zum Ackerbau wenig geeignet.
Seine Bewohner bauten sich daher Schiffe (wozu ihnen der Libanon Eisen und treff¬
liches Schiffsbauholz lieferte) und begannen mit anderen Völkern Handel zu treiben.
Die Hauptstädte des Landes waren Tyrns und Sidon.
2. Reisen nach Spanien. Mit ihren Schiffen besuchten die Phönicier alle
Küstenländer des Mittelmeeres. Besonders häufig kamen sie nach Spanien. Dorf
gab es Silber in Menge, und das gediegene Gold, welches oft unmittelbar unter dem
Rasen lag, wurde hin und wieder in 2—300 g schweren Stücken ausgefunden. Die
halbwilden Einwohner des Landes legten dem Metall keinen besondern Wert bei und
vertauschten es an „ die Phönicier gegen Glasperlen u. a. ziemlich wertlose Dinge.
Der Boden brachte Überfluß an Getreide, Öl, Wein, Honig rc. hervor, und in kurzer
Zeit entstanden an den Küsten Spaniens eine Menge phönicischer Kolonien.
3. Fahrten nach England und der Nordsee. Bald wagten sich die Phönicier
aber weiter hinaus und durchschifften die Straße von Gibraltar. Diese galt damals
für das Ende der Welt. Die zu beiden Seiten der Straße gelegenen Felsen führten
den Namen „Säulen des Herkules", weil man glaubte, daß Herkules sie als Thor¬
säulen ausgerichtet habe. Da die Phönicier noch keinen Kompaß hatten, hielten sie
sich immer in der Nähe der Küste. Bald kamen sie auch nach England. Hier fanden
sie viel Zinn und nannten daher das Land die Zinninsel. Ob sie auch in die Ostsee ein¬
gedrungen sind und hier den glänzenden Bernstein selbst gefunden, oder ob sie ihn
nur von den an der Nordseeküste wohnenden Völkern eingetauscht haben, ist zweifel¬
haft. Der Bernstein wurde damals höher als Gold geschätzt, und wie man heute die
goldenen Rmge mit Edelsteinen besetzt, so schmückte man sie damals mit Bernstein.
Durch ihre Reisen gewannen die Phönicier bald große Reichtümer (Ies. 23, 8).
Damit aber andere Völker nicht auch diese Seereisen unternehmen sollten, erzählten
sie allerlei abschreckende Dinge. „Jenseits der Säulen des Herkules", sagten sie, „ist das
Meer steif wie Gallerte; aus dem Schlamm starrt dichtes, stechendes Rohr hervor,
und feuerspeiende Seeungeheuer bringen Tod und Verderben." Wagte dennoch ein
Schiff ihnen zu folgen, so führten sie es absichtlich irre, daß es an Klippen oder
Sandbänken zerschellte.
2t ft isst. Aber auch nach dem Süden machten die Phönicier
Reisen, teils zu Lande, teils zu Wasser. So kamen sie nach Arabien, Ägypten und
Indlen und holten von dort Gold, Elfenbein, Pfauen, Affen u. a. kostbare Sachen.
Auf Veranlassung eines ägyptischen Königs sollen phönicische Männer sogar eine Reise
um ganz Afrika herum unternommen haben. Sie fuhren von dem roten Meere aus
und umsegelten die Südspitze Afrikas. 3 Jahre waren sie unterwegs. Wenn ihnen
die Lebensmittel ausgingen, so stiegen sie ans Land, säten und ernteten und fuhren
dann weiter. Endlich kamen sie durch die Säulen des Herkules wieder in das
Mtttelmeer und erreichten glücklich Ägypten.
5. Erfindung des Glases. Einmal landete ein phönicisches Schiff, das mit
Salpeter beladen war, nicht weit von Sidon an einem Flusse. Die Schiffer wollten
am Ufer ein Essen kochen; da es an Steinen fehlte, holten sie große Stücke Salpeter
von dem Schiffe und stellten den Kessel daraus. Von dem Feuer schmolz der Salpeter
und vermischte sich mit der Holzasche und dem Ufersande. Als die Masse erkaltet
war, war sie hart und durchsichtig wie — Glas. Das Glas war erfunden, aber
man wußte es anfangs nur als Schmuck und Zierat zu verwenden. Später bildeten
die Ägypter die Kunst des Glasmachens weiter aus. Sie bliesen die flüssigen Massen
l*