Full text: Hülfsbuch für den Unterricht in der deutschen Geschichte, mit besonderer Berücksichtigung der Kulturgeschichte

bis zum Schlüsse des Mittelalters. 
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die Scharwache herum, mit Lichtern versehen, mit Äxten, Hellebarden 
und Schwertern bewaffnet, um jeden Nachtschwärmer und Ruhestörer 
aufzugreifen und bis zum Morgen einzusperren. 
3. Die Bürgerschaft der Städte. In den meisten deutschen 
Städten war die Bürgerschaft, die als solche Herrin der Stadt war, 
so eifersüchtig auf ihre Freiheiten, daß die Amtsdauer der Ratsherren 
(„Ratmannen") und namentlich der Bürgermeister auf die kürzeste 
Zeit, meist auf ein Jahr, an einigen Orten sogar auf ein Vierteljahr 
beschränkt wurde. Gewöhnlich waren die Gewählten bei Geldstrafen 
zur Annahme ihrer Stellen verpflichtet. So hochgebietende Macht¬ 
haber, wie im mittelalterlichen Italien, hat es jedoch in Deutschland 
nur selten gegeben, wenn auch manche Bürgermeister einflußreich 
wurden. Eine wichtige Person im Rate der Stadt war der Stadt¬ 
schreiber, der von bedeutender Gelehrsamkeit sein mußte. Unter 
den Räten der Städte entfalteten sich wiederum eine Menge anderer 
Behörden, weil ein jeder möglichst viel mitregieren wollte. Es gab 
Heimlicher, die über Regierungsgeschäfte von höchster Wichtigkeit 
berieten, Unzüchter, die über Polizeifrevel urteilten, Korn- und 
Salzmeister, Feuer-, Tuch-, Brot- und Fleischschauer, Kämmerer, 
Rentmeister, Zeug- und Bauherren, Wein- und Bierherren, Mühlen- 
und Ziegelherren, Kirchenherren, Steuerherren u. s. w. Unter ihnen 
standen die Büttel, Stadtknechte, Bettelvögte, Nachtwächter. Die Be¬ 
amten und Angestellten erhielten für ihre Dienste früher nur Ge¬ 
schenke, sehr oft nur eine Kleidung in den Stadtfarben oder in anderen 
bestimmten Farben, Tagegelder oder Sporteln, später aber Gehalte, 
die freilich außer demjenigen des Stadtschreibers nur klein waren, 
und außerdem freie Wohnung. 
In unserem Zeitraume waren, wie wir gehört haben, die Gilden 
und Zünfte oder Innungen zu besonderer Bedeutung gelangt. Sie 
besaßen eigene, oft sehr prächtige Häuser, die zu Versammlungen und 
Trinkstuben sowohl, wie zu Warenlagern und Kauflokalen dienten; 
sie hatten ihre Wappen, ihre Heiligen, ihre Gottesdienste und bildeten 
eigene Abteilungen in dem Kriegshsere der Stadt mit eigenen Fahnen. 
Diese Vereinigungen entsprachen nicht immer den Handwerken als 
solchen; mehrere Berufsarten, deren Glieder nicht zahlreich waren oder 
die unter sich zusammenhingen, wie z. B. Gerber und Kürschner, 
Schneider und Handschuhmacher, Schmiede, Sattler und Sporer, ver¬ 
einigten sich oft zu einer gemeinsamen Zunft, die dann häufig nach 
ihrem Versammlungshause oder ihrer Herberge benannt wurde. Um- 
Roßbach, Hülfsbuch rc. 16
	        
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