Einleitung.
§ 1. Begriff und Umfang der Geschichte. Die Geschichte hat die
Fortschritte der Menschen als politischer und kultureller Wesen zum Gegen¬
stände; politische und Kulturgeschichte sind also ihre beiden Hauptgebiete.
Erst wenn ein Volk in die Kultur eintritt, wenn es für die Weiterent¬
wicklung der Menschheit eine Rolle zu spielen anfängt, wird es als Kultur¬
volk geschichtlich, während sein prähistorischer Zustand als Naturvolk der
ethnographischen nicht der eigentlich geschichtlichen Betrachtung verbleibt.
Der wichtigste Vorgang im Leben eines Volkes, der es in den Be¬
reich genauerer geschichtlicher Betrachtung rückt, ist gemeinhin der Über¬
gang vom Nomadenleben zur Seßhaftigkeit. Damit erst sind die
Anfänge eines geordneten Ackerbaus, der Grundlage aller Kultur, möglich,
damit erst wird die Teilung der Arbeit nötig, auf der der Fortschritt
aller Kultur beruht, und damit erst ist auch die Vorbedingung für die
Ausbildung einer staatlichen Gewalt, der Hüterin aller Kultur, gegeben.
Der erste Übergang dieser Art vom Nomaden- zum seßhaften Leben erfolgte,
so weit wir wissen, in den Flußtäleru des Nil und des Euphrat und
Tigris, wo in der Fruchtbarkeit des Bodens die Vorbedingung zum Acker¬
bau sich darbot.
Unter den geschichtlich wichtigen Völkern stehen die Jndogerm anen,
eine Gruppe von Völkern, die nach sprachlicher Verwandtschaft zusammen¬
gehören, und unter diesen wieder Völker des europäischen Zweiges der-
fetben, an erster Stelle. In vorgeschichtlicher Zeit müssen die indogerma¬
nischen Völker aus einer gemeinsamen Urheimat, die in Kleinasien oder
an der mittleren Wolga oder an der mittleren und unteren Donau zu
suchen ist, ausgewandert sein. Vor ihrer Trennung hatten sie schon eine
gewisse Kulturstufe erreicht, wie die Sprachgeschichte ergibt. Sie waren
Hirtenvölker mit einem geregelten Familienleben und den Anfängen einer
Gottesverehrung. Sie rechneten nach dem dekadischen Zahlensystem. Unter
den indogermanischen Völkern sind in Asien die Inder im Pendschab. die
Meder und Perser in Iran und die Armenier, in Europa die Griechen,
Römer, Kelten, Germanen, Slaven zn nennen.
§ 2. Die geschichtlichen Völker des Altertums. Der Schauplatz
ber Geschichte des Altertums, die antike Welt, umsaßt die Länder um
bas Mittelmeer. Unter den Völkern des Altertums Haben die Griechen
und Römer, die, wie gesagt, zu dem europäischen Zweige des indogerma¬
nischen Sprachstammes gehören, eine Entwicklung genommen, die sie unbe-
Weltgeschichte für die Oberstufe d. Studienanst. 1. Bd. 1