Vaterländische Dichtungen.
33. Kaiser Keiurich II. der K eilige. (10,02.)
Herzog Heinrich war's von Bayern,
Der sich in der Mitternacht,
Wo die frömmsten Brüder feiern,
Hin zur Kirche ausgemacht.
Ernste Bilder nach ihm fassen,
Treiben ihn zum Beten an;
Durch die Regensburger Gassen
Geht er nach Sankt Heimeran.
Junges Heldenantlitz betend
Möcht' ein schöner Anblick sein;
Dieses, zum Altare tretend,
Kniet umnachtet und allein.
Vor den Augen gar die Hände,
Drückend jedes Bild zurück,
Fleht er um ein sel'ges Ende,
Nicht um irdisch Heil und Glück.
Als er aufstand, fchien's vom Rücken
Über ihn als wie ein Licht;
Staunend thät er um sich blicken,
Sieht ein heil'ges Angesicht.
Hochaltar und Kreuz verklärend,
Dort ein lichter Bischof stand,
Der mit hoher Hand, wie schwörend,
Zeigte nach der Kirchenwand.
Mit den Fingern, wie mit Kerzen,
Leuchtet er auf eine Schrift,
Wo der Fürst mit bangem Herzen
Auf ein römisch „Sechse" trifft.
„Will mich Gott so bald erhören?
Herr, ich glaub's auf eure Hand!
Hebt sie nicht fo ernst zum Schwören!"
Sprach der Held, und alles schwand. —
Wie sechs Stunden sind vergangen,
Harrt' er fromm auf feinen Tod;
Doch es fchien ihm auf die Wangen
Lebenshell das Morgenrot.