Full text: Die Hauptereignisse der römischen Kaiserzeit, Deutsche Geschichte bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges (Teil 5)

Die Sickmgensche Fehde und der Bauernkrieg. 
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3. Luthers Aufenthalt auf der Wartburg. Friedrich der 
Weise, für Luthers Sicherheit besorgt, hatte angeordnet, daß dieser eine Zeit¬ 
lang auf einem seiner Schlösser (er selbst wünschte nicht zu wissen, welchem) 
verborgen gehalten werde. Luther verlebte das folgende Jahr als „Junker 
Jörg" auf der Wartburg, im Briefwechsel mit seinen Wittenberger 
Freunden stehend und in den Kampf des Tages durch Streitschriften ein¬ 
greifend. Das wichtigste Werk aber war seine Übersetzung des Neuen 
Testamentes aus dem griechischen Urtext, ausgezeichnet durch die volks¬ 
tümliche Kraft des Ausdrucks und wichtig für die Ausbildung und Ver¬ 
breitung der neuhochdeutschen Schriftsprache. 
Während Luther auf der Wartburg lebte, traten in Wittenberg und 
anderwärts übereifrige Reformer auf, die unmittelbare göttliche Ein¬ 
gebungen zu erleben glaubten und Umwälzungen ohne Maß und Ziel 
herbeizuführen drohten. Sie wurden von Luther „Schwärmer" oder 
„Schwarmgeister" genannt, ein Name, der den Mangel an Folgerichtig¬ 
keit in ihren Gedanken nnd das schlechthin Willkürliche in ihren Hand¬ 
lungen hervorheben will. In ihnen sah Luther von Anfang an die ge¬ 
fährlichsten Feinde seiner Lehre. Sie fanden auch an Karlstadt, Luthers 
Freund, einen Anhänger und verwarfen die Kindertaufe, die gottesdienst¬ 
liche Ordnung, die Bilder in der Kirche, die Schule, Erziehung, gelehrte 
Studien n. dgl. Das bestimmte Luther, die Wartburg zu verlassen, wo 
ihm die Abgeschiedenheit von den Kämpfen und Arbeiten der Reforma¬ 
toren ohnehin unerträglich war, und nach Wittenberg zurückzukehren. Nach 
kurzer Zeit hatte er die Ordnung wiederhergestellt. Er führte eine deutsche 
Liturgie und den Gebrauch des Abendmahls unter beiden Gestalten eirt. 
§ 98. Die Sickmgensche Fehde und der Bauernkrieg. Die kirch¬ 
liche Bewegung blieb nicht ohne Rückwirkung auf die sozialen Verhältnisse. 
1. Franz von Sickingen. Die Reichsritterschaft war längst unzu¬ 
frieden; wirtschaftlich war sie zum Teil (wie überhaupt der kleinere Abel) 
von ihrer Höhe herabgesunken, und in ihrem politischen Einfluß und 
Rang sah sie sich zurückgesetzt. Zu einem neuen Vorstoß schien ihnen 
diese Zeit der Neuerungen besonders günstig. Ihr Führer Franz von 
Sickingen verfolgte freilich zunächst persönliche Absichten: er wollte 
den (geistlichen) Kurfürsten von Trier vertreiben und sich an seine Stelle 
bringen; es war der erste große Plan, ein geistliches Fürstentum zu 
„säkularisieren". Obwohl von Ulrich von Hutten, der bei ihm auf der 
Ebernbnrg unweit Kreuznach wohnte, in seinem Kampfe mit der Feder unter¬ 
stützt, verfehlte er sein Ziel. Der Erzbischof, ein tüchtiger Kriegsmann, wies 
Sickingms Angriff auf Trier ab, ja belagerte später, verbündet mit dem 
Kurfürsten von der Pfalz nnd dem Landgrafen von Hessen, den Ritter 
auf seiner Feste Land stuhl und eroberte sie. Der schwerverwundete 
Sickingen starb; Hutten floh und beschloß bald darauf feine Tage auf 
Ufenau, einer Insel des Züricher Sees.
	        
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