bereitung für den Hausfrauenberuf einrichtete. Da aber viele Mädchen
nicht zur Verheiratung kanten, erwuchs in den ledigen Frauen eine an¬
sehnliche Bevölkerungsmasse, die darauf angewiesen war, von der Arbeit
anderer mitzuleben, und daher meist dem Elend einer unselbständigen
Existenz verfallen war. Durch eine gründliche Reform der weiblichen
Bildung und Erziehung sucht man nunmehr die Erwerbsfähigfeit und
Erwerbstätigkeit der Frauen zu heben. Hand in Hand mit der Bildungs¬
und Erziehungsreform mutz aber auch eine Vermehrung der Arbeits¬
gelegenheit gehen. Wenn auch der Beruf der Hausfrau als der natür¬
liche Frauenberuf seine Geltung behalten mutz, so hat doch die Frau
auch das Recht und die Pflicht, sich selbständig ihren Lebensunterhalt
zu schaffen und ihre Arbeitskraft auf verschiedenen Gebieten der mensch¬
lichen Tätigkeit anzuwenden. Auf dem Gebiete des Elementarunter¬
richts und der Mädchenerziehung, der Krankenpflege, des Post-, Tele¬
graphen- und Eisenbahndienstes ist der Frau bereits Gelegenheit zur
Betätigung gegeben. Durch Errichtung höherer Lehranstalten für Mäd¬
chen und durch Zulassung zum Universitätsstudium werden dem weib¬
lichen Geschlecht auch die höheren Berufe erschlossen. Obwohl die
Frauen für solche Berufe zugelassen werden sollen, die ihren körperlichen
und geistigen Gemütsanlagen entsprechen, so kann doch eine völlige
Gleichstellung der Geschlechter auf allen Arbeitsgebieten nicht das
Ziel sein. Die geistige Eigenart der Frau, sowie das bei ihr vor¬
herrschende Cemütsleben lassen sie für eine tätige Teilnahme am öffent¬
lichen Leben wenig geeignet erscheinen. Wohl verwirft die neue Kultur
die grausame Knechtung der Frau, wie sie bei rauhen Völkern und
im Orient vorkommt, und die Bevormundung, wie sie im deutschen
Mittelaller bestand; aber üm echte deutsche Weiblichkeit zu erhalten
und der Frau zu einer würdigen Stellung und zu einem segensreichen
Wirkungskreis zu verhelfen, mutz der Beruf als Mutier und Gattin ihr
göttlicher Beruf bleiben. Dem Manne der Staat, der Frau die
Familie!
20. Abschnitt.
Die Geschichte des deutschen Schulwesens.
1. Die Schulen des Mittelalters.
Die alten Deutschen kannten keine Schulen. Die Kinder unter¬
standen der Fürsorge und Pflege der Mutter. Die Erzählungen des
von der Jagd oder aus dem Kriege heimkehrenden Vaters am warmen
Herdfeuer, die kräftigen Lieder der gastlich versammelten Verwandten
und die heimatlichen Sagen erweckten bei der Jugend die Liebe zur
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