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besserung der änssern Verhältnisse Mendelssohn’s hatte Gumperz beigetragen:
er empfahl ihn dem reichen berliner Seidenfabrikanten Bernhard, bei dem er
1750 als Hauslehrer eintrat. Der drückenden Noth enthoben, gab er sich nun
mit erhöhtem Eifer den philosophischen Studien hin.
Von der grössten Wichtigkeit für Mendelssohn war es, dass er durch Ver¬
mittelung des Doctor Gumperz 1754 mit L es sing bekannt wurde. Der junge
Literat, der schon sein Lustspiel „Die Juden“ geschrieben hatte, zog den schüch¬
ternen Moses zu sich heran, und bald verband sie gemeinsames Streben zur
innigsten Freundschaft. Es dauerte nicht lange, so wurde Mendelssohn durch
Lessing auch zum Schriftsteller gemacht. Es war gegen Ende des Jahres 1754,
als Lessing seinem Moses eine englische Abhandlung zu lesen gab. Er brachte
sie ihm nach einiger Zeit wieder zurück, und als Lessing ihn fragte, wie sie
ihm gefallen habe, meinte er, dass er so etwas auch wol machen könne. In der
That überreichte ihm Mendelssohn nach einigen Wochen eine Arbeit zum Durch¬
lesen. Es vergingen mehrere Monate, ohne dass Lessing der Arbeit Erwähnung
that. Da kam eines Abends Lessing zu Mendelssohn und überreichte ihm ein
Buch, das, wie er bemerkte, erst gestern die Presse verlassen hätte: es waren
seine „Philosophischen Gespräche“, die Lessing ohne Wissen Mendelssohn’s zum
Durck befördert hatte (1755). In demselben Jahre verband sich Mendelssohn und
Lessing zu einem Streiche gegen die berliner Akademie, den sie in der gemein¬
schaftlich ausgearbeiteten Schrift: „Pope ein Metaphysiker“ auch ausführten.
Kurz bevor Lessing Berlin verliess, machte Mendelssohn die Bekanntschaft
des jungen talentvollen Buchhändlers Nicolai, durch den er für die schönen
Wissenschaften gewonnen wurde. Mit besonderm Eifer verlegte er sich auf das
Studium der Aesthetik, an deren Aufbau er den lebhaftesten Antheil nahm. Seine
erste Arbeit auf diesem Gebiete waren die „Briefe über die Empfindungen“,
welche wie seine übrigen ästhetischen Abhandlungen sich der vollen Würdigung
Lessing’s, Herder’s, Schiller’s u. A. zu erfreuen hatten.
Im September 1754 war aus dem Hauslehrer Mendelssohn ein Buchhalter
in der Bernhard’schen Seidenwaarenfabrik geworden, aber die Liebe zu den
Wissenschaften erkaltete auch jetzt nicht; als sich Nicolai 1756 zur Heraus¬
gabe der „Bibliothek schöner Wissenschaften und Künste“ entschloss, wurde Mendels¬
sohn der fleissigste Mitarbeiter an dieser epochemachenden Zeitschrift. Sobald er
sich zurückzog, ging sie ein und an ihre Stelle trat ein neues Unternehmen mit
weit höhern Zielen: „Die Literaturbriefe“. Ohne Scheu und Rücksicht sollten
alle neuen Erscheinungen der deutschen Literatur gemustert und kritisirt werden.
Mendelssohn, der kaum geduldete Jude, hatte sogar den Muth, die Gedichte Fried¬
rich des Grossen in bescheidener aber vernichtender Weise zu beurtheilen.
Daraufhin wurden die Literaturbriefe verboten, Mendelssohn aber zur Verant¬
wortung nach Sanssouci geladen. Mit einem witzigen Gleichniss zog er sich
aus der ihm gelegten Schlinge, indem er dem König sagte: „Wer Verse macht,
schiebt Kegel, und wer Kegel schiebt, er sei, wer er wolle, König oder Bauer,
muss sich gefallen lassen, dass der Kegeljunge sagt, wie er schiebt.“
Das Jahr 1760 verlebte Mendelssohn in gemeinsamer Arbeit mit seinem
besten Freunde Lessing, der sich aber bald nach Breslau zurückzog. Doppelt