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Jünglinge nach Cordova, das allmählich ein zweites Sura und um so berühmter
wurde, als hier das Studium des Talmud mit dem der allgemeinen Wissen¬
schaften Hand in Hand ging.
Wie Moses ben Chanoch der Begründer der Talmudgelehrsamkeit in
Spanien, so war Menachem ben Saruk aus Tortosa, von Chasdai nach Cordova
gezogen, der erste, welcher für die hebräische Sprachforschung neue Bahnen
einschlug; er verfasste das erste hebräische Wörterbuch unter dem Titel
„Machberet“ und begründete einen neuen wissenschaftlichen hebräischen Stil, der
für alle Zeiten mustergültig blieb. Dieser bescheidene Menachem fand einen
heftigen Gegner in dem streitsüchtigen Dunasch ben Labrat, der, aus Bagdad
stammend, in Fez wohnte und von Chasdai gleichfalls nach Cordova berufen
wurde. Dunasch, der das arabische Yersmass in die neuhebräische Poesie ein-
fiihrte und dessen Gedichte voll Schwung und Feuer sind, trat, rücksichtslos und
hochmüthig wie er war, gegen Saadias, noch schärfer aber gegen Menachem und
dessen Wörterbuch auf. In dem Masse als er Chasdai schmeichelte, schmähete
er den armem Menachem und brachte es dahin, dass jener ihm seine Gunst ent¬
zog und ihn von jüdischen Häschern misshandeln liess. Der zwischen Menachem
und Dunasch (960—970) entstandene Streit wurde nach dem Tode von ihren
Schülern mit Bitterkeit weiter fortgeführt. Auf Seite Menachem’s stand nament¬
lich der Dichter Isaak Ibn Gikatilia und Juda ben Daud Chajjug (Chajjndsch),
aus Fez, später in Cordova, der bedeutendste Grammatiker, der zuerst in das
innere Wesen der hebräischen Sprache eindrang und durch die Dreibuchstabig-
keit der Wurzelstämme zur Erkenntniss des grammatischen Baues führte. Für
Dunasch trat sein Schüler Jehuda ben Scheschet ein.
Chasdai Ibn Schaprut starb, nachdem er ein halbes Jahrhundert zum Ruhme
Spaniens und für die Förderung der jüdischen Wissenschaft gewirkt, um dieselbe
Zeit, als der gelehrte Italiener Sabbatai Donnolo aus dem Leben schied (970).
Donnolo, in Oria 913 geboren, Arzt, Astrolog und Botaniker, war Verfasser
des ältesten medicinischen Werkes" in hebräischer Sprache. Auch der unbekannte
Verfasser der unter dem Namen „Josippon“ bekannten Uebersetzung des Josephus
gehört dieser Zeit an.
§ 9. Der Gottesdienst. Synagogale Poesie.
Die Form des Gottesdienstes und die Ordnung der Gebete ist das Werk
vieler Jahrhunderte; örtliche Verhältnisse, Kultur und Landessitte haben auf die
gottesdienstlichen Einrichtungen einen wesentlichen Einfluss geübt. Vor Esra
war Zeit und Ausdruck des Gebets dem Betenden selbst überlassen, aber schon
die Männer der grossen Synode führten für bestimmte Zeiten, Schacharit, Mincha
und Maarib, auch feststehende Gebete ein, nämlich das Sch’ma, wozu später die
dasselbe einleitenden und schliessenden Gebetstücke kamen, und die Thefilla
(Schemone Esra), namentlich die drei ersten und drei letzten Segensprüche; die
übrigen 12 (13) Benedictionen wurden später hinzugefügt. Zu den ältesten Ge¬
beten gehören: die „Thefilla“ an Sabbat-, Fest- und Neumondstagen, das Mussaf-
gebet, das nach der Zerstörung des Tempels an die Stelle des Opferdienstes trat,