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Das Altertum.
an den Ufern des Eurotas abbrachen. Ihre Mahlzeit war zur Sät¬
tigung kaum hinreichend; doch war ihnen erlaubt, unbemerkt zu stehlen;
ließen sie sich aber ertappen, so wurden sie wegen ihrer Ungeschick¬
lichkeit gezüchtigt. Um die Knaben in der Ertragung des körperlichen
Schmerzes zu üben, wurden sie jährlich einmal am Altare der Artemis
— der man früher sogar Menschenopfer dargebracht hatte — blutig gegeißelt,
wobei sie keine Miene des Schmerzes zeigen durften. Auf die Ausbil¬
dung des Geistes legte man wenig Wert; nur die Musik wurde gepflegt,
Lesen und Schreiben aber nicht gelehrt. Schon früh gewöhnte man die
Jugend an kurze, sinnreiche Rede; eine solche heißt noch heute etne
lakonische, d. i. spartanische. Die Mädchen lernten nicht bloß Musik
und Chortänze, sondern betrieben auch unter Aufsicht körperliche Übungen
aller Art: Laufen, Springen und Ringen, Diskus- und Speerwurf.
Dadurch wurden die Spartauerinuen nicht allein die kräftigsten, son¬
dern auch die schönsten Frauen Griechenlands.
Ein von Seeräubern gefangenes spartanisches Mädchen wurde von einem
Manne, der sie kaufen wollte, gefragt: „Willst du denn auch stets brav sein, wenn
ich dich kaufe?" — „Auch wenn du mich nicht kaufst!" war die Antwort. — Auf
die Frage, welche Wissenschaft in Sparta ant meisten getrieben werde, antwortete em
Spartaner: „Die Kunst zu befehlen und zu gehorchen." Vor den Greifen mußten
sich die jungen Leute von ihren Sitzen erheben und ihnen jederzeit Rede und Ant¬
wort stehen. Ein bejahrter Fremder, dem in Sparta vielfache Zeichen der Ehrer¬
bietung zu teil wurden, rief aus: „Nur in Sparta ist es angenehm, alt zu werden!
— ^wei junge Spartaner befanden sich als Gesandte in Athen und besuchten dort
das Theater. Ein Greis trat ein, fand die Plätze aber schon alle besetzt. Sofort
standen die beiden Spartaner auf und boten ihm ihren Platz an. Als die Athener
ihnen dafür Beifall zuriefen, sagte der Greis: „O. die Athener wissen auch, was
sich qeziemt: sie thun es nur nicht." Alljährlich wurde m Gegenwart des Königs
und der gesamten Bürgerschaft ein Fest gefeiert. Dabei sang der Chor der Greise:
„Wir waren einstmals krafterfüllte Männer!"
Der Chor der Männer antwortete:
„Wir aber sind es jetzt, versuch es!"
Darauf fiel der Chor der Jünglinge und Knaben ein:
„Wir werden einst noch viel gewalt'ger sem!
Durch solche Erziehung wurden die Spartaner ein kräftiges und kriegslustiges £olf.
Wie zu einem Feste, in Purpurgewändern und mit Kränzen in den Haaren, zogen
sie unter Flötenspiel in die Schlacht; der Tod auf dem Schlachtfelde galt für die
höchste Ehre. Die Gefallenen wurden mit Ölzweigen bekränzt bestattet, die Feigen
aber verloren alles Ansehen für ihr ganzes Leben. Die Gefallenen würben auf ihrem
Schilde aus der Schlacht getragen; deshalb gab eine fpnrtamiche Mutter ihrem Lohne,
als er in den Krieg zog, den Schild mit den Worten: „Mit ihm oder auf ihm. Als
eine Spartanerin die Nachricht erhielt, ihr Sohn sei gefallen, fragte sie rasch: „Cr
hat doch gesiegt?" „Ja." - „Nun," fuhr sie befriedigt fort, „dazu habe ich ihn ja
geboren, daß er für fein Vaterland zu sterben wisse."
d. Lykuras Ende. Nach Beendigung der Gesetzgebung ließ Lykurg
die Bürger schwören, daß sie seine Gesetze so lange halten wollten bis
er von einer Reise nach Delphi zurückgekehrt sei. Bom Orakel ei hiel
er die Antwort, seine Gesetze seien vollkommen; solange Sparta dieselben
befolge, werde es berühmt und glücklich sein. Diese Antwort sandte er
seinen Mitbürgern; er selbst kehrte nie zurück. Vor seinem ^ode befahl