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Zu Joachims I. Zeit wurden 38 Juden des Landes angeklagt, Christenkinder ge¬
schlachtet und das Blut zu Arzneien verwendet, auch geweihte Hostien mißachtet
zu haben. Damals suchten die Richter noch durch allerlei fürchterliche Dualen,
durch Zerren, Zwicken, Drücken, Brennen der Glieder auf der „Folterbank
den Angeklagten zum Geständnis zu bringen. Das war nicht bloß roh und un¬
menschlich, sondern auch zweckwidrig. Denn Unschuldige wie Schuldige gestanden
in der Regel, sobald sie „gefoltert" wurden, die vom Richter ihnen vorgehaltene
Missethat, um den schrecklichen Qualen zu entgehen. Auch die angeklagten Juden
gestanden den Frevel und wurden deshalb verbrannt; die andern mußten das
Land verlassen.
Auf den heftigen Gegner der Reformation folgte Joachim II., der die Refor¬
mation in Brandenburg einführte (f. 44, 9). Unter Johann Sigismund vor
Beginn des 30jährigen Krieges kamen zu dem bisherigen Gebiete von 700 Quadrat-
meilen (Heue, Mark, Ravensberg im Westen und Ostpreußen hinzu, so
daß die brandenburg-preußischen Lande nun über 1400 Quadratmeilen betrugen
(s. Karte VH). Jetzt am Ende der Reformationszeit waren besonders die mittleren
Gebiete durch den 30jährigen Krieg ganz heruntergekommen. Dem Kur¬
fürsten Georg Wilhelm (1619—1640) fehlte feste Entschlossenheit in diesen ge¬
fahrvollen Zeiten. Seinem Schwager, dem reformierten Friedrich von der Pfalz,
zu helfen war nicht möglich; denn feine lutherischen Stände hätten im Haß gegen
die Reformierten zu solchem Kriege kein Geld bewilligt. Dann mußte er es ge¬
schehen lassen, daß Wallensteins und Tillys Scharen die Mark
durchzogen und aussaugten. Als Gustav Adolf, der Gemahl feiner
Schwester Eleonore, zur Rettung erschien, schwankte Georg Wilhelm, ob
er von feinem Kaiser abfallen und den Schweden sich verbünden sollte, zumal
da er fürchtete, sie wollten Pommern, das brandenburgifche Erbe, behalten.
Endlich schloß er das Bündnis, weil des Kaisers Wiederherstellungsbefehl
(45, II) ihn noch viel mehr bedrohte. Nach Gustav Adolfs Tode schloß er 1635
Friede mit dem Kaiser und ließ die Schweden und die mit ihm verbündeten
protestantischen Fürsten im Stich. Nun wüteten die Schweden in feinen Ländern
wie im Feindeslande, und auch von den Kaiserlichen wurden diese nicht verschont.
Anfangs bewilligten die Stände kein Geld für ein Heer zum Schutze des Landes.
Als dann die Feinde alles Geld herausgepreßt hatten, war es zu spät. Seit 1640
aber herrschte sein entschlossener Sohn Friedrich Wilhelm, und schon bei dem
Friedensschlüsse brachte er Brandenburg wieder zur Geltung. Mit diesem großen
. Fürsten beginnt eine neue Z eit für die Entwicklung der brandenburg-preußischen
Macht.
47. Friedrich Wilhelm, der Große Kurfürst
(1640-1688).
Karte VII. Durchwandern wir die wichtigsten Gebiete des Großen Kur¬
fürsten! Von der Grafschaft Kleve am Niederrhein kommen wir hinüber nach
der Grafschaft Mark und von da nach der Grafschaft Ravensburg und dem
Bistum Minden an der Weser. Von diesen westlichen gelangen wir in die
mehr zusammenhangenden mittleren Gebietsteile. Aus dem Halber-