Full text: Erzählungen aus der deutschen Geschichte

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Römer, welche alle Völker im südlichen Europa unterjocht hat¬ 
ten, zum erstenmal mit diesen Söhnen des Nordens zusammen¬ 
stießen, setzte deren stolze Haltung, ihr kühner, durchdringender 
Blick, ihr brausender Schlachtgesang sie in Erstaunen und 
Schrecken. Sie nannten sie Germanen, d. i. tobende 
Kriegs leute, Wehrmänner. Denn wehrhaft und kriegs¬ 
lustig waren die Deutschen, wie kein anderes Volk. Ihr ganzer 
Sinn ging aus Kampf und kühne Thaten. Von Jugend auf 
übten sie sich im Gebrauche der Waffen, im Kampfe mit wilden 
Tieren. Die Felle des erlegten Wildes dienten ihnen zur Klei¬ 
dung, als köstlichster Schmuck galten ihnen die Waffen. Es war 
ein festlicher Tag, wenn der herangewachsene Jüngling vor ver¬ 
sammelter Gemeinde für wehrhaft erklärt und vom Vorsteher 
mit Schild und Lanze geschmückt wurde. Von nun an trennte 
er sich nicht mehr von seinen Waffen; mit ihnen zog er nicht 
allein in den Kampf, bewaffnet erschien er auch in der Versamm- 
lung der Gemeinde und beim frohen Festgelage. 
3. K r i e g s w e s e n. — Gab es Krieg, so wurden alle wehr¬ 
fähigen freien Männer aufgeboten. Ein solches Aufgebot hieß 
der H e e r b a n n. Der tapferste der Helden wurde zum Anführer 
oder Herzog erhoben. Kriegslustige Jünglinge schlossen sich 
ihm an als sein Gefolge und schwuren, vereint mit ihm zu 
leben und zu sterben. Vor der Schlacht erhoben alle ein furcht¬ 
bares Kampfgeschrei, um den Mut zu entflammen. Mit un¬ 
glaublicher Tapferkeit wurde gekämpft, Führer und Gefolge 
wetteiferten in mutvollen Thaten. Lebendig aus der Schlacht 
zu weichen, wenn der Führer gefallen war, brachte Schande 
fürs ganze Leben. Mancher Held konnte des Kampfes gar nicht 
genug haben. Herrschte in der Heimat Friede, so zog er mit sei¬ 
nem Gefolge in fremdes Gebiet und suchte dort Ruhm und 
Beute. 
4. Lebensweise und Sitten. — In Friedenszeiten 
war es vorzüglich die Jagd, welche die freien Männer beschäf¬ 
tigte. Die Besorgung des Hauswesens und der Ackerwirtschaft 
blieb den Weibern und Knechten überlassen. Die Männer lagen 
daheim aus einer Bärenhaut neben dem Herde. Wer es zu
	        
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