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Die Langobarden bis zum Berlust ihrer Selbständigkeit.
Stuhle Petri völlig änderten. So lange Kaiser und Papst sich um die
weltliche Hoheit über Rom stritten, standen die Römer alle auf seiten des
Papstes; kaum aber war der Sieg des letzteren entschieden, so erhoben sich
Gegner wider ihn.*) Es waren vorzüglich die Großen, die in seiner
mächtigen Stellung eine Gefahr für sich erblickten und daher einen möglichst
großen Einfluß auf ihn zu gewinnen, ihn für ihre Parteizwecke zu be¬
nutzen suchten. Dies zeigte sich namentlich bei der Erledigung des heiligen
Stuhles, wo man die größten Anstrengungen machte, diesen einem Partei¬
genossen zu verschaffen. Noch war Paul der Erste nicht gestorben, als
schon einer jener römischen Adligen, der „Herzog" Toto von Nepi, mit
seinen drei Brüdern, einem Heere und einer Schar Landvolk sich nach Rom
begab und, als Paul am 28. Juni 767 wirtlich entschlafen war, auf feine
Macht gestützt seinen Bruder Konstantin, einen Laien, zum Papst aus¬
rief. Der Bischof Georg wurde gezwungen, ihm die Weihe zu erteilen,
worauf das Volk dem neuert Papste Treue schwur. Die Gegner dieses
gewaltsamen Verfahrens, an deren Spitze Pauls erster Kanzler Christo-
phorus und dessen Sohn Sergius, unter Paul Säckelmeister des
heiligen Stuhls, standen, gaben vor, um sich der Verfolgung zu entziehen,
sie wollten in ein Kloster gehen, begaben sich aber statt dessen zu Desiderius
nach Pavia. Es war das erste und letzte Mal, daß an einen langobar-
dlschen König die Aufforderung erging, zur Einsetzung des römischen
Bischofs feine Unterstützung zu leihen und die Kirche von der Herrschaft
eines Eindringlings zu befreien. Desiderius ließ sich bewegen Hilfe zu
gewähren. Kurze Zeit darauf rückte Sergius an der Spitze einer lango-
bardifchen Heerschar^gegen Rom; ein Priester, Waldipert mit Namen,
begleitete ihn als Bevollmächtigter des Königs. Am 28. Juli erschienen
sie vor Rom, schon am folgenden Tage drangen sie in die Stadt ein, da
ihnen die Wachen ein Thor öffneten. Toto kam ihnen mit Bewaffneten
entgegen geeilt und drängte die Langobarden zurück, aber Leute aus seiner
eigenen Umgebung stießen ihn von hinten nieder; der falsche Papst flüchtete
sich in eine Kapelle und ward von römischen Truppen gefangen ge¬
nommen.
Es war nun den Gegnern Konstantins in die Hand gegeben, den Stuhl
Petri nach ihrem Willen zu besetzen; aber sie waren unter sich uneinig. Der
Haß der Römer gegen die Langobarden hatte sich sogleich bei dem Eintritt in
die Stadt so unverhüllt gezeigt, daß diese aus Furcht vor dem Volke sich auf
dem befestigten Janiculum verschanzt hielten. Sergius und Christophorus, die
ohne das Volk ihren Plan nicht durchsetzen konnten, suchten nach einem Vor¬
wan de, sich von den nun überflüssigen Helfern loszusagen. Da wagte
*) Das Folgende säst gan; nach Abel a. a. O. S. 72 ff.