Die Zeit der innern Kriege bis zur Alleinherrschaft Chlothars des Zweiten 355
Teil des Dienstadels, nämlich den, dem jene Regenten feinen Anteil an
der Herrschaft gönnten, auf seiner Seite hatte, so wagte auch niemand ernst¬
lichen Widerstand. Die Verschwörung verlief sich, viele der Verschwörer,
auch der gewissenlose Guntram-Boso, verließen Gundowald und traten auf
Leite Childeberts und König Guntrams. Sehr bald sahen sich Gundo¬
wald und Mummolus gezwungen, in Der festen Bergstadt Comminges an
der obern Garonne Zuflucht zu suchen, wo sie von einem Heere Guutrams
belagert wurden. Die Stadt lag auf dem Gipfel eines alleinstehenden
Berges und war vortrefflich mit Quellwasser versorgt. Deshalb zog sich
die Belagerung in die Sänge. Endlich aber wurde auch Gundowald ein
Opfer des Verrates, den die an ihm übten, denen er am festesten vertraute;
wie es denn ganz in der Ordnung war unter Menschen, die einander die
fürchterlichsten Eide schwuren und dabei ganz genau wußten, daß jeder von
ihnen den Eid brechen werde, sobald es ihm Vorteil brachte. Über Gundo-
walds Ende hören wir den Bericht Gregors.*) Man kann dem Abenteurer
ein gewisses Mitleid nicht versagen, da er, wie es scheint, au sein gutes
Recht glaubte und, nachdem er den ehrgeizigen Großen ein bequemer Spiel¬
ball gewesen war, nun die ganze Treulosigkeit dieser „Königsmacher" er¬
fahren mußte.
Zuletzt sandten die Belagerer, da sie sahen, sie könnten nichts aus¬
richten, geheime Boten an Mummolus und ließen ihm sagen: ,,Unterwirf
dich deinem Herrn Guntram und stehe endlich von deiner Verkehrtheit ab.
Welcher Wahnsinn verblendet dich, einem Manne unbekannter Herkunst zu
dienen? Was erwartest du anders als deinen Untergang?" Mummolus
antwortete: „Zch sehe, es geht mit unsrer Herrlichkeit zu Ende. Nur
eins bleibt mir übrig; wenn ich wüßte, daß mir mein Leben zugesichert
würde, so könnt' ich euch viel Arbeit ersparen." Die Boten zogen ab, und
Mummolus begab sich mit dem Bischof Sagittarius und den Großen
Chariulf und Waddo, die früher zu Gundowald gehalten hatten, in eine
Kirche, wo sie sich eidlich gelobten, daß sie Gundowald gefangen nehmen und
ihn den Feinden überantworten wollten, wenn ihnen das Leben verbürgt
werde. Bald kehrten die Boten zurück und überbrachten ihnen das Sicherheits¬
versprechen für ihr Leben. „Mehr bedarf es nicht," sprach Mummolus,
„ich unterwerfe mich meinem Herrn, dem Könige, und eile, mich ihm selbst
zu Füßen zu werfen; diesen Menschen aber liefere ich selbst in eure Hände."
Die Boten gelobten ihm, wenn er dies thue, so würden sie ihm eine gute
Aufnahme beim Könige bereiten und ihn, falls der König ihm noch zürne,
in eine Kirche retten; dann zogen sie ab.
Hierauf begab sich Mummolus mit Sagittarius und Waddo zu
*) Buch 7, Kap. 38. Gicse brecht 2, S. 45.
2o*