Full text: Erzählungen aus der Weltgeschichte

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zu schöner Blüte gelangte. Unter ihren Lehrern befand sich auch 
der fromme August Hermann Francke, der das große ge¬ 
segnete Waisenhaus gestiftet hat. Freilich aber hatte Friedrichs 
Regierung auch ihre Schattenseiten. Der König liebte allzusehr 
die Pracht. An seinem Hofe ging es ungemein glänzend zu: 
eine prunkvolle Festlichkeit reihte sich an die andere. Das ver¬ 
ursachte schwere Abgaben und drückte den Wohlstand des Landes. 
Desto heilsamer war es für Preußen, daß der verschwenderische 
Fürst in seinem Sohne einen sparsamen Nachfolger hatte. 
3. König Friedrich Wilhelm I. setzte die größte Ein¬ 
fachheit an die Stelle der Pracht, mit welcher sein Vater sich umgeben 
hatte. Allen überflüssigen Aufwand entfernte er und beschränkte die 
Hofhaltung auf das Notwendigste. Seine Lebensweise war die 
eines schlichten Bürgers, seine Mahlzeiten bestanden aus Hausmanns¬ 
kost. Des Abends suchte er seine Erholung in dem sogenannten 
Tabakskollegium, einer kleinen Gesellschaft von Offizieren, in der 
geraucht und bei einem Kruge Bier mancher kräftige Scherz ge¬ 
macht wurde. Denn für feinere Bildung hatte der König keinen 
Sinn: in seinen Sitten war er so derb und rauh, wie er gerecht, 
bieder und gottesfürchtig war. Mit der äußersten Strenge hielt 
er auf Ordnung und Zucht: wer nicht augenblicklich und ohne 
Widerrede gehorchte, wen er träge und nachlässig fand, dem gab 
er wohl eigenhändig seinen Zorn durch Stockschläge zu fühlen. Die 
Kräfte des Staates zu steigern, die Wohlfahrt seiner Unterthanen 
zu mehren, war er unablässig thätig. Aus allen Gegenden zog er 
arbeitsame Ansiedler herbei, und als der Bischof von Salzburg die 
Protestanten aus seinem Lande vertrieb, nahm er ihrer an 15,000 
auf und gab ihnen Äcker und Wiesen, Vieh und Ackergerät. 
4. Das preußische Heer. — Seine Hauptsorge aber widmete 
der König dem Kriegsheere, dessen Zahl er fast verdreifachte. Die 
Soldaten hießen seine lieben „blauen Kinder", und es gab für ihn 
keine angenehmere Beschäftigung, als täglich ihren Übungen beizu¬ 
wohnen. Eine besondere Liebhaberei hatte er an schön gewachsenen, 
großen Soldaten, an „langen Kerls," wie er sie nannte: sein Pots¬ 
damer Leibregiment bestand aus lauter Riesen, die er durch seine
	        
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