Die hellenistische Kultur. 309
liche Niederlage^). Er floh nach Ägypten, wo er nach vergeblichen Versuchen
Hülfe für Griechenland zu erlangen, sich mit den Seinigen den Tod gab. Anti-
gonos stellte in Sparta das von Kleomenes beseitigte Unwesen wieder her, und
ließ, da ein Einfall der Jllyrier ihn nach Makedonien zu eilen nötigte, in
Orchomenos und Korinth Besatzungen zurück. Die Trennung Griechenlands
erreichte er, indem er mit Sparta ein besondres Bündnis errichtete, die Achäer
aber mit den Epeiroten, Akarnanen, Phokern, Böotern und Thessalern zu einem
Bund unter Makedoniens Oberhoheit zusammenwarf. Er hinterließ 220 seinem
Mündel Philippos V Makedonien mit gesicherter Herschaft über Griechenland.
Kultur und Allgemeines üder den hellenistischen Zeitraum.
8 110.
1. Betrachten wir die äußerlichen Wirkungen der Thaten Alerandros des
Großen, so sehn wir, wie das griechische Volkselement die unter dem persischen
Reiche vereinten zahlreichen Völker durchdringt, wie aber nicht ein einiges Ganzes
daraus wird, sondern eine Zerteilnng in eine Menge selbständiger Staaten,
wie dann nach 250 der ferne Osten sich wieder gegen den Westen abschließt^),
wäreud die vorderasiatischen Landschaften und Ägypten eine fortlaufende neue
Entwicklung beginnen. Wir müßen daher als Charakter der Zeit die Bildung
neuer Nationalitäten aus den alten und den neu hinzugekommenen hellenischen
Elementen anerkennen, den man, weil das Griechische doch durch seine innre
Überlegenheit das vorherschende ist und nur durch das sremde Veränderungen
und Umgestaltungen erfährt, hellenistisch nennt.
2. Abgesehen von den griechischen Staaten, in welchen jedoch die freie
Verfaßung bereits ein bloßer Schein, eine leere gehaltlose Form geworden,
finden wir in allen neugebildeten Staaten Despotismus, welche Form eine
notwendige Folge der Erobrung durch Waffengewalt und die einzige dem Cha-
rakter der Orientalen angemeßne war. Ist aber diese Form auch von allen den
unsittlichen Folgen und jener Überhebung des Menschen begleitet, welche wir
bei den alten orientalischen Neichen kennen gelernt haben, so zeigt sich doch ein
doppelter Fortschritt: 1) sehn sich die Herscher genötigt, die Tüchtigkeit der
Person ohne Ansehn der Nationalität sich zu nutze zu machen, so daß also der
Despotismus aufhört zugleich Herfchaft eines Volks über andre zu seiu und eine
gewisse Gleichberechtigung eintritt. 2) Die Notwendigkeit, eine starke besoldete
Militärmacht als Stütze der Herschaft stets bereit zu halteu und an Glanz und
Ehre nicht hinter den andern Reichen zurückzustehn, führt zu einer thätigen
Förderung des Haudels, der Industrie und der Wissenschaften, kurz zur Hebung
der materiellen, wenn auch nicht der sittlichen Volkswolfart und Weckung der
geistigen Kräfte.
3. Die Griechen brachten allerdings die Idee eines edlern Menschentums,
eiiler freien sittlichen Selbstbestimmung den Völkern des Orients zu, aber wie
sie selbst mit dem Brechen ihres Volkstums deu sittlichen Halt verloren hatten,
so vermochten sie einen solchen auch nicht zu geben, vielmehr ist 1) ersichtlich, daß
mit der Verwischung der Eigentümlichkeiten, welche beim Hinzutreten des grie-
chischen Elements notwendig erfolgte, eben so viele sittliche Stützen und Halte
fielen. Ist die Hiuwegräumuug solcher, so weit sie auf Lüge und Selbstsucht
1) Polyb. II 65 — 69. Plut. Kleom. 27 f. über die Zeit Peter 140, 95. —
2) Der Einfluß, welchen die vorübergehenden griechischen Reiche ans Hinterasien geübt,
gibt eines der interessantesten Objekte für die fernere historische Forschung.