Object: Die Praxis des zweiten Schuljahres in katholischen Volksschulen

Rechstchreiben und Sprachlehre. 55 
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Haben die Kinder die Namen der Buchstaben sicher im Gedächtnisse, 
so übe man fleißig au Wörtern. Dabei versäume man nicht, Buch¬ 
stabieren und Lautieren häufig nebeneinander zu üben. Spricht das 
Kind „sie" oder „sieh", so hört es „st". Indem man nur diese 
zwei Laute angeben läßt, sagt das Kind, was es von dem Worte 
mit dem Gehör erfaßt hat; nennt es aber alle Buchstaben des Wortes, 
so sagt es alles, was es davon gesehen hat. Beim Buchstabieren 
muß das Kind zeigen, ob es sich das Wortbild richtig vorstellt. Die 
richtige Vorstellung des Wortbildes ist aber die Hauptsache bei der 
Rechtschreibung. Buchstabieren könnte man wohl als „mündliches 
Schreiben" bezeichnen. Es reizt die Kinder, wenn man hin und 
wieder von ihnen verlangt, das Wort mit dem Finger in die Luft 
zu schreiben. Man achte darauf, daß sie mit losem Handgelenk und 
nicht zu langsam diese Schreibbewegung machen, dann hat man für 
das Schreiben selbst auch einen Gewinn. 
Buchstabiert ein Kind das Wort falsch, so ist das dem Lehrer ein 
Zeichen, daß dieses Wort auch falsch geschrieben worden wäre, weil 
eben das Wortbild nicht im Geiste haftete. Verbessert man jetzt nur 
mündlich, so ist dadurch nicht viel erreicht, besonders dann, wenn 
gleich danach ein Wort behandelt wird, das mit dem eben verbesserten 
in keinem Zusammenhange steht. In den meisten Fällen ist es nicht 
nur gut, sondern geradezu geboten, das Wort an die Tafel zu schreiben. 
Also beim Buchstabieren vir! die Kreide gebrauchen! Bei den 
Wörtern, die falsch buchstabiert werden, ist es sehr 
zweckmäßig, Wörtergruppen zu bilden, z. B. ein Kind läßt 
an dem Worte (du) mußt das t aus. Es wird geübt: wissen — du 
weißt, lassen — du läßt, fassen — du faßt re. 
Auch hier ist es zweckmäßig, Wortfamilien zu bilden. Ein 
Kind schreibt Macht mit g. Es wird geübt: machen, du machst, er 
macht, gemacht, aufmachen, zumachen, losmachen, abgemacht, mächtig. 
Mit dieser Übung kann man auch solche verbinden, die gleiche oder 
ähnliche Bildung haben, z. B. reiben, reibst, rieb, riebst, reibt — 
treiben, schreiben re. Wenn eben möglich, nehme man den 
Stoff zu solchen Übungen aus dem Lesestoff der Woche. 
Mit dem Buchstabieren verbinde man regelmäßig die Silbentrennung, 
indem man nach jeder Silbe eine Pause machen läßt, z. B. „geben": 
kleines ge e — be e en; bei Wörtern mit ck wird dieses nicht getrennt, 
sondern nur auf besondere Aufforderung des Lehrers hin; sch, ß re.
	        
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