Full text: Bilder aus der Kulturgeschichte unseres sächsischen Vaterlandes

9?icf)t nur durch „passive Resistenz", sondern auch mit 
Anwendung von Gewalt suchte der Landmann seine Lage 
zu bessern; daher der Aufstand von 1790, der bezweckte, 
Fronen und Naturalleistungen und vor allem die Hut- und 
Triftgerechtigkeit der Rittergüter abzuschaffen. Sicher hat diese 
Revolution im kleinen viel zu einer Änderung der bäuerlichen 
Verhältnisse beigetragen. 
Aber auch die Berechtigten selbst empfanden ein lebhaftes 
Verlangen nach einer Änderung der bestehenden Zustände, 
wozu die Unzuträglichkeiten und nie endenden Prozesse mit 
den Hintersassen, der Ärger über das Gesinde und die Er¬ 
kenntnis vom wahren wirtschaftlichen Werte der bäuerlichen 
Leistungen wesentlich beigetragen haben mögen. Viele Ritter¬ 
gutsbesitzer hatten daher schon von selbst die bisherigen Na¬ 
turalabgaben ihrer Bauern in Geldgefälle umgewandelt und 
sich wohl dabei befunden. Ein Gutsherr hatte seinen Hof im 
Kurkreise, wo er aus eigenem freien Willen mit Zustimmung 
seiner Bauern die Leistungen der Pflichtigen durch Geldzinsen 
abgelöst hatte, veräußert und sich im Meißnischen wieder 
angekauft, wo Fronen und Naturallieferungen noch bestanden. 
Er empfand diese Änderung sehr unangenehm und sagte, bei 
seinem früheren Besitze hätten die Feldarbeiten nur den 20. Teil 
der Zeit beansprucht, die jetzt bei der Arbeit der Fröner 
nötig sei. 
Das Hauptverdienst bei der Befreiung des Bauernstandes 
gebührt der Landesregierung, die sich durch tiefe volkswirt¬ 
schaftliche Kenntnisse auszeichnete und die schädlichen Wir¬ 
kungen der bestehenden Verhältnisse auf den Nationalwohl¬ 
stand klar und deutlich erkannte. In der Tat bedeutete es 
einen großen Kapital- und Zinsverlust, wenn die Gemenge¬ 
lage (s. S. 40) den Bauer und sein Zugvieh bei der Feld¬ 
arbeit zwang, unnötig weite Wege zu machen, eine Menge 
überflüssiger Grenzsteine zu setzen und Feldraine liegen zu 
lassen, auch die Aufsicht über das hier und da zerstreut ar¬ 
beitende Gesinde zu beaufsichtigen; wenn der Flurzwang jeden 
Fortschritt in der Landwirtschaft hinderte; wenn die Trist- 
53
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.