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127. Ter Siegeszug der Kompagnie Franke. ^
Die in Omaruru stehende 2. Schutztruppen-Kompagnie Franke
war dem Befehl des Obersten Leutwein entsprechend am 30. Dezember
1903 nach dem Süden abgerückt. Die etwa 90 Köpfe starke Kompagnie
hatte völlig ungestört bis zum 12. Januar Gibeon erreicht, wo sie am
14. Januar die Kunde von dem Ausbruch des Aufstandes im Herero¬
lande und der Bedrängnis Okahandjas traf. Daraufhin erbat Haupt-
mann Franke sofort auf heliographischem Wege die Erlaubnis des Gou¬
verneurs, umkehren zu dürfen, um den Entsatz der eingeschlossenen Orte
zu bewirken. Es war dies für eine einzelne Kompagnie von noch nicht
100 Köpfen, die fast 400 km von dem Schauplatz ihrer Bestimmung
entfernt stand, gegenüber dem nach Tausenden zählenden, gut be¬
waffneten Feind gewiß eine heikle Aufgabe. Aber Oberst Leutwein,
der die Kompagnie und ihren Führer kannte und wußte, was er von
ihnen verlangen konnte, erteilte unverzüglich seine Zustimmung.
Hauptmann Franke beschloß, sofort am nächsten Tage, dem 15..
über Kuis—Nehoboth nach Windhuk zurückzumarschieren und die etwa
380 km betragende Entfernung in fünf Tagen zurückzulegen. Jeder
Mann mußte in der einen Packtasche Hafer, in der anderen Putz¬
zeug für sein Pferd und die Verpflegung für sich selbst mitnehmen, die
aus Reis, Salz und Kaffee bestand. An den ersten beiden Tagen herrschte
glühende Hitze, die Mann und Pferd bei der kärglichen Verpflegung sehr
erschöpfte. Allein trotz der Ermattung verlangte Hauptmann Franke
in der Ruhezeit von seinen Leuten die sorgfältigste Pflege der Pferde,
da er die Erfahrung gemacht hatte, daß auch das afrikanische Pferd nur
hierdurch leistungsfähig blieb. Am zweiten Tage erhielt er kurz vor Be¬
endigung des sehr anstrengenden Marsches die Nachricht, daß bei Wind¬
huk ein schweres Gefecht stattgefunden habe und daß von Okahandja
jede Nachricht fehle. „Er nahm daraus seine Kompagnie zusammen,"
heißt es in dem Briese eines Mitkämpfers, „und hielt folgende An¬
sprache: ,Ich habe die Nachricht erhalten, daß bei Windhuk ein schweres
Gefecht stattgefunden hat und von Okahandja keine Nachricht vorliege.
Ich wollte heute nur bis Kuis marschieren, nun muß es weitergehen,
ich muß von jedem Mann, ob Offizier oder Reiter, das Äußerste ver¬
langen. Ich muß gut deutsch mit Euch reden; wenn ich Euch anfahre,
so denkt, daß es auf die Form nicht ankommt, ich weiß aber, daß ich mit
tüchtigen braven Kerls und mit deutschen Kameraden ziehe/ Das und
noch manches andere sagte er uns, und ich schrieb es mir für kommende
Fälle hinter die Ohren. . . . Das war eine famose Jucht in der Kom¬
pagnie, und alles konzentrierte sich um unseres Hauptmanns Person.
An demselben Tage wurde noch bis in die Nacht hinein weitermarschiert,
und unsere Ermüdung wurde schließlich so groß, daß wir uns kaum noch
auf dem Pferde wach halten konnten."
Am nächsten Tage setzte ein strömender Regen ein, der bis Wind¬
huk anhielt, so daß die Leute Tag und Nacht bis auf die Haut durchnäßt
waren. Der Marsch bot jetzt bei dem völlig aufgeweichten, zum Teil mit
steinigem Geröll bedeckten Boden ganz außerordentliche Schwierigkeiten,
und man kam stellenweise nur Schritt für Schritt vorwärts. Besonders
in der Dunkelheit rutschten die Pferde und fielen immerfort. In der Nacht