12. Kindesliebe.
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Der Kaufmann wischte sich eine Träne ab, ergriff den Jüngling bei der
Hand, die er ihm treuherzig schüttelte, und sagte: „Ich heiße Sie in meinem
Hanse willkommen. Ihr seliger Vater hat mich einst sechs Wochen lang, da
ich als armer, kranker Soldat zu ihm kam, in seinem Hause wie einen Bruder
beherbergt; seiner und Ihrer seligen Mutter treuen Pflege danke ich nächst
Gott mein Leben; ja, was noch mehr ist, ich danke dem gesegneten Umgang
und Einfluß Ihres Vaters noch ein anderes, besseres Leben in meiner Seele,
welches seitdem nicht ohne Frucht geblieben ist; ich bin durch ihn ans meinen
jugendlichen Verirrungen zu mir selber gekommen. Später gelangte ich hierher,
trat in diesem Hause, dessen Besitzer nachmals mein Schwiegervater wurde,
mein jetziges Geschäft an und Gott hat mich reichlich gesegnet. Jetzt aber
kommen Sie mit mir zu meiner Familie!"
Konrad war bald im Hause des edlen Holländers so heimisch, als sei
er von Kindheit sn da bekannt gewesen. Er wurde auch wie ein Mitglied
der Familie behandelt. Der Kaufmann, der den Jüngling sehr lieb gewonnen
hatte, wurde ihm ein väterlicher Freund, gab ihm die Mittel seine Studien
zu vollenden und sorgte auf das beste für seine Zukunft. Schubert.
12. Kindesliebe.
Ein jeder soll Ehrfurcht haben vor seinem
Vater und seiner Mutter. Moses, 3. B.
Ein preussischer Offizier, der sehr reich und aus vornehmer
Familie war, hielt sich eine Zeitlang als Werber zu Ulm in
Schwaben auf. Endlich bekam er Befehl zu seinem Regimente
zurückzukehren und bald machte er sich reisefertig.
Am Abend vor seiner Abreise meldete sich bei ihm ein
junger Mann um sich anwerben zu lassen. Er war sehr schön
gewachsen, schien wohlerzogen und brav; aber als er vor den
Offizier trat, zitterte er an allen Gliedern. Der Offizier schrieb
dieses der jugendlichen Schüchternheit zu und fragte, vffas er
besorge. »Ich fürchte, dass Sie mich abweisen«, versetzte der
junge Mensch; und indem er dieses sagte, rollte eine Träne
über seine Wange. »Nicht doch,« antwortete der Offizier, »Sie
sind mir vielmehr ausserordentlich willkommen. Wie konnten
Sie so etwas fürchten?« »Weil Ihnen das Handgeld, welches
ich fordern muss, vermutlich zu hoch kommen wird.« »Wieviel
verlangen Sie denn?« »Eine dringende Notwendigkeit zwingt
mich hundert Gulden zu fordern und ich bin der unglück¬
lichste Mensch auf der Welt, wenn Sie sich weigern mir so viel
zu geben.«
Lesebuch für Kaufmännische Fortbildungsschulen. *
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