Full text: Bilder aus Frankens Vergangenheit

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11. Zenlgericht. 
„So ein Missetäter zu Würzburg gefangen lag, dem ein peinlicher 
Gerichtstag ernannt und gesagt war, so ging's vor alters so zu, wie folgt: 
Der Arme so wird der verurteilte Missetäter genannt — empfängt 
drei Tage zuvor das Abendmahl. Am angesetzten Tage werden nebst 
deni Zentgrafen und den Schöppen aus der Stadt alle übrigen dazu 
gehörigen Schöppen gefordert. Zur hiesigen Zent gehören zwei von 
Aell in der Gasse Mittelzell —, zwei von Büttelbrunn, einer von 
Höchberg und einer von Randersacker. Dazu läßt der Oberschultheiß 
etlichen Bürgern gebieten in Harnisch dabei zu sein, um das Gericht 
zu beschützen. 
Noch ehe Schultheiß, Zentgraf und die Schöppen auf dem Saal 
erscheinen, was schon früh um 6 Uhr geschieht, tut man den Armen aus 
dem Gefängnisse, der Nachrichter bindet und setzet ihn in den Stock aus¬ 
wendig des Rathauses. — 
Sind die Schöppen versammelt, so fragt der Schultheiß, ob es an 
rechter Lagzeit und ob das Gericht zu peinlichen Rechten genugsam be- 
setzt sei, wie vor alters herkommen? Auf die Antwort „ja" hegt der 
Schultheiß das Gericht mit folgender Formel: „So lege und halte ich heut 
bas Gericht anstatt und von wegen des Hochwürdigen Fürsten und ßerrn 
und von wegen seiner Gnaden Beamten, Zentgrafen, der Schöppen, 
Kläger und aller derer, die das Gericht besitzen, und von Rechts wegen 
hieher oder daran kommen ohne Gefehrde. 3ch verbiete heut euch 
Schöppen, aufzustehen oder niederzusitzen ohne Erlaub, auch sein Wort zu 
reden, er habe es dann mit Erlaub. )ch verbiete auch alle unziemliche, 
freventliche ZPorte hinter und vor dem Gerichte '7 wo solche aehört werden, 
soll darum geschehen, was recht sein wird. 3ch verbiete auch alles Un- 
ziemliche, so ich von Rechts wegen zu verbieten habe. Ich erlaube auch 
alles, so ich von Rechts wegen zu erlauben habe ohne Gefehrde. 3ch 
gib heut allen denen Fried und Geleit, so dies Gericht besuchen, beschützen 
und beschirmen, auch die Recht darzu begehren. Allein die mit Urtel 
und Recht überwunden sein oder werden, die sollen hin Gehör haben, 
sie habend dann mit willen des Richters und wissen des Klägers. Ich 
hege und halte heut das Gericht mit aller Obrigkeit, Freiheit und Gerechtig¬ 
keit, wie es vor alters Herkommens ist, ohne alle Gefehrde." Darauf gibt 
der Schultheiß allen denen Fried’ und Geleit, so zu diesem Gericht kommen, 
die es anders geleitlich hatten: „doch sei gänzlich ausgenommen der Arme, 
von deswegen das Gericht gehegt ist, dem ich, soviel Recht ist, gönne, 
auch alle die, so in Acht, Bann oder öffentlicher Fehde und Geleitfried¬ 
brecher fein, gänzlich ausgeschlossen." 
Sobald auf die Frage des Schultheißen das Gericht als genug gehegt 
erkannt worden, gibt der Schultheiß dem Zentgrafen den Stab. Der 
soll sitzen am Gericht in seinem Harnisch und Wappen, Handschuhe an-
	        
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