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141. Kleeschrift.
Bumũller.
Der Nordamerikaner Benjamin Franklin war in vielen Stücken ein
weiser Mann, namentlich war er auch ein guter Landwirt. Seine Äcker
trugen viel schöneren Klee als die seiner Nachbarn; er bestreute sie
nämlich im *rühlinge mit zerstampftem Gipse. Dieses Verfahren war
damals noch wenig bekannt. Er empfahl dasselbe vielfach; aber niemand
wollte glauben, daß zerstampfter Gips für die Kleeäcker ein solches
Düngemittel sei. Diese Hartnäckigkeit verdroß ihn. Anfänglich dachte
ex: Nun, wenn ihr wollt, laßt euren Klee ungegipst;“ doch über
Winter besann er sich anders. — Was that er? Er wählte einen Klee—
acker an der Landstraße aus, um auf diesem eine Lehre zu geben. Ohne
sjemand etwas zu sagen, streute er die Worte: „Hier ist gegipst“ in
mannsgroßen Buchstaben mit Gipsmehl über den Klee hin. Als nun
später die Leute an seinem Kleeacker vorübergingen, sahen sie die
dunkeln, mastigen Streifen im Klee. Bald entdeckten sie darin absicht—
liche Schriftzüge. Zu ihrer Verwunderung und Beschämung brachten
sie endlich heraus: „Hier ist gegipst.“ Nun wanderte alles hin, um
die Kleeschrift zu lesen.
142. Zwei Sprichwörter und ein Bibelwort.
Johann peter Hebel.
Von zwei unbemittelten Brüdern hatte der eine keine Lust und
keinen Mut, etwas zu erwerben, weil ihm das Geld nicht zu den Fenstern
herein regnete. Er sagte immer: „Wo nichts ist, kommt nichts
hin.“ Und so war es auch bei ihm. Er war sein Lebenlang der arme
Bruder Wo-nichts-ist, weil es ihm nie der Mühe wert war, mit einem
kleinen Ersparnisse den Anfang zu machen, um nach und nach zu einem
größeren Vermögen zu kommen.
So dachte der jüngere Bruder nicht. Der pflegte zu sagen: „Was
nicht is? das kann noch werden.“ Er hielt das Wenige, was ihm
von der Hinterlassenschaft der Eltern zu teil geworden war, zu Rate und
vermehrte es nach und nach durch eigenes Ersparnis, indem er fleißig
arbeitete und eingezogen lebte. Anfänglich ging es hart und langsam;
aber sein Sprichwort: „Was nicht ist, kann noch werden!“ gab ihm
immer Mut und Hoffnung. Mit der Zeit ging es besser. Er wurde
durch unverdrossenen Fleiß und Gottes Segen noch ein reicher Mann
und ernährte sogar die Kinder des armen Bruders Wo—⸗nichts⸗ist, der
selber nichts zu beißen und zu nagen hatte.