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Zischend und die Häupter hoch empor haltend ringelte sich das Tier
gegen Herkules heran. Der griff es unerschrocken an und begann,
mit dem Schwerte die Häupter des Tieres abzuhauen. Er konnte
aber damit zu keinem günstigen Ende kommen, weil an Stelle eines
abgeschlagenen Hauptes immer zwei neue hervorwuchsen.
Da kam Jolaus seinem Oheim zu Hilfe. Er zündete den da¬
nebenstehenden Wald an und reichte dann dem Oheim Feuerbrände
zu, mit denen dieser, sobald er ein Haupt abgeschlagen hatte, die
Stelle, an der es gestanden, ausbrannte, so daß kein neues Haupt
Nachwuchs. Wenig hatte es nun zu bedeuten, daß aus dem Sumpfe
ein Riesenkrebs hervorkroch, der der Schlange zu Hilfe kommen
wollte und mit seinen riesigen Scheren die Füße des Herkules
packte. Herkules griff nach seiner Keule und erschlug den Krebs
mit einem einzigen gewaltigen Schlage.
Endlich schlug Herkules mit seinem Schwerte auch noch das
unsterbliche Haupt der Hydra ab. Er verscharrte dasselbe am Wege
und wälzte einen gewaltigen Stein, den eines andern Menschen
Kraft nicht bewegen konnte, auf die Grube. Dann tauchte er noch
seine Pfeile in das giftige Blut der Hydra, und seitdem waren alle
Wunden, die von des Herkules Pfeilen herrührten, unheilbar.
Die dritte Aufgabe, welche Eurystheus dem Herkules stellte,
bestand darin, daß derselbe die Hirschkuh Cerynitis, welche der
Göttin Artemis (Diana) geweiht war, lebendig fangen sollte. Diese
Hirschkuh hatte eherne Füße und ein goldenes Geweih und lief so
schnell, daß kaum ein Pfeil sie einholen konnte. Ein Hügel in
Arkadien war ihr Aufenthaltsort. Den ihm gewordenen Auftrag
auszuführen, bedurfte Herkules eines ganzen Jahres, während des¬
sen er die Hirschkuh unablässig verfolgte, ohne sie jedoch ermüden
zu können. Endlich entschloß er sich, das Tier durch einen Pfeil¬
schuß zu lähmen und so in seine Gewalt zu bringen. Er that es
und war nun im stände, das gelähmte Tier einzuholen. Er lud
dasselbe auf seine Schultern, um es zu Eurystheus zu bringen. Da
begegnete ihm aus dem Wege die Göttin Artemis, die ihm Vor¬
würfe machte, daß er ein ihr geweihtes Tier habe töten wollen.
Er aber entschuldigte sich und sprach: „Nicht töten wollte ich das
Tier, sondern nur lähmen, damit ich es einholen könnte"; und,
wie ihm aufgetragen, brachte er das Tier lebendig nach Mycene.
III. Zum vierten Male schickte Eurystheus den Herkules ge¬
gen ein Ungeheuer aus. Diesmal galt es, einen Eber lebendig zu
fangen, der am Berge Erymanthus in Arkadien große Verwüstun¬
gen angerichtet hatte. Auf seinem Wege dahin kehrte Herkules bei
einem Centauren ein, der wie alle Centauren halb Roß, halb Mensch
war. Freundlich ward er hier empfangen, und gebratenes Fleisch
Richter, Götter und Helden, I. 2