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Testaments gegen Rückgabe des Schwiebuser
Kreises für eine geringe Entschädigungssumme. — Der Kur¬
fürst unterstützt im Interesse des Protestantismus das Unter¬
nehmen Wilhelms III. von Oranien auf England. — Ein Hülfscorps
des Kurfürsten (unter v. Schöning) zeichnet sich bei der
Erstürmung Ofens aus.
1688—1713 Friedrich III. als Kurfürst bis 1701, als König v. Preufsen Friedrich I.
wahrt durch Umstofsen des väterlichen Testaments die
Einheit des Staates und geht auf dem Wege seines Vaters
weiter, indem er Preufsen zum Königreich erhebt, den Kriegs¬
ruhm des brandenburgisch-preufsischen Hauses aufrecht
erhält und als Vorkämpfer des Protestantismus auftritt; jedoch
zerrüttet seine in Schwäche ausartende Neigung zu äufserem
Prunk sowie seine von unwürdigen Günstlingen ausgenützte
natürliche Güte die Finanzen.
Es war ihm nicht schwer geworden, sich mit seiner
Stiefmutter und den Stiefbrüdern zu vergleichen: diese zeich¬
neten sich im Heere aus. Nur zwei (Markgraf v. Branden¬
burg-Schwedt und der Heermeister v. Sonnenburg) hatten
Nachkommenschaft; der letzte Sprofs starb 1788.
1688—1697 1) Friedrich geleitet von seinem Erzieher, dem einsichtigen und
tüchtigen, auch Wissenschaft und Kunst fördernden Minister
Eberh. v. Danckelmann. Brandenburgisclie Truppen
kämpfen mit Auszeichnung1) im 3. Raubkriege am Ehein
(z.T. unter des Kurlürsten eigenerFührung), in Ober-Italien
sowie in Ungarn.
1691 Der Pietist Spener, Hofprediger in Dresden, nach Berlin
als Propst an die Nikolaikirche berufen. S. o. S. 102.
1692 Stiftung der Universität Halle, veraulafst durch die Ver¬
treibung des freisinnigen und die lutherische Orthodoxie
bekämpfenden Juristen Christ. Thomasius aus Leipzig,
der in Halle Vorlesungen hält und auch durch erstmaligen
Gebrauch des Deutschen beim Vortrag zahlreiche Zuhörer
findet. Von der neuen Universität, die durch Aug. Herrn.
Francke Hauptsitz des Pietismus wird, dringt tiefere
Religiosität und Wertschätzung des praktischen Christentums
in das Luthertum mehr und mehr ein: Francke begründet
die Armen-, Bürger- und Realschulen (im Gegensatz zu den
') Wilhelm III. sagte nach der Eroberung Namurs 1695: ‘Das ist schönes Fufsvolk, doch ist
es noch tapferer als schön.’ Auch nach der Schlacht bei Salankemen spendete Ludwig v. Baden
der Tapferkeit der Brandenburger in einem Briefe an den Kurfürsten hohes Lob.