Full text: Das Jahrhundert des Großen Kurfürsten (Bd. 1)

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legten Bügeln geschützt war. Sie trugen, toi1' die Reiter oder Kürassiere, 
einen ledernen Koller als Waffenrock, die Kürassiere darüber noch den 
Küraß. auf dem Kopfe einen Helm mit Blechplatten hinten und an 
den Seiten, Panzerhandschuhe, um den Leib eine Schärpe, und als 
Waffen Schwert und Pistolen. 
Die Rekrutierung des Heeres geschah noch ganz in der eilten 
Weise. Dem Kriegsmanne, der aus schwedischen Diensten, wie Derff- 
linger, oder aus kaiserlichen, wie Otto Christoph von Spart, in branden- 
burgische übertrat, wurde ein Werbepatent erteilt, und er hatte dann 
ein Regiment zusammenzubringen, dessen Oberst er war. Der Kur¬ 
fürst mußte ihm alle Kosten vergüten. blieb aber häufig genug, da 
es beständig an Geld fehlte, sein Schuldner. Immer noch war die 
Stellung der Obersten eine sehr selbständige. Wozu sie sich nach 
der Kapitulation oder dem Vertrage, den sie mit dem Kurfürsten 
abgeschlossen, nicht verpflichtet glaubten, wollten sie auch nicht thun 
und verweigerten dann den Gehorsam. So machte es noch Derff- 
lingct 1672. Diese Selbständigkeit schränkte Friedrich Wilhelm ein 
und gewöhnte feine Obersten allmählich an Gehorsam. Die Obersten 
hatten das Recht, die Offiziere ihrer Regimenter zu ernennen und 
abzufetzen; der Kurfürst setzte es wenigstens durch, daß solche Per¬ 
sonen , die ihm nicht genehm waren, zu Offizieren nicht genommen 
werden durften. Das Exercitium war noch lange Zeit in iedem 
Regimente verschieden und richtete sich ganz danach,'wie es der Oberst 
einzurichten beliebte. Auch hierin bereitete Friedrich Wilhelm eine 
Änderung vor, indem er begann, bei der ganzen Armee einerlei 
Taktik und Kommando einzuführen. 
Das Heer zählte eine Menge Ausländer, im Anfange der fünf¬ 
ziger Jahre ^ viele ehemalige schwedische Soldaten, und es war nicht 
leicht, in dieser bunten Masse Disziplin zu hatten. Trotz aller Strenge 
waren Ausschreitungen nicht zu verhindern. Morgens und abends 
wurde im Lager Gottesdienst gehalten; ohne zwingende Gründe durfte 
kein Soldat dabei fehlen. Für jede Zeltgenoffenfchaft mußte ein 
Exemplar des Neuen Testamentes und der Psalmen vorhanden fein; 
bei jedem Regimente war ein Prediger angestellt. Der Kurfürst wollte 
nicht nur tapfere, sondern auch fromme Streiter haben; die rohe, 
brutale Art, welche besonders den Soldaten des dreißigjährigen Krieges 
kennzeichnete, sollte einer besseren Gesinnung weichen. 
Die Justiz im Heere übten Militärrichter ans, die Regiments- 
schützen, später Auditeure genannt. Die Beisitzer eines Kriegsgerichtes 
waren aus allen Chargen genommen. Subordinationsvergehen sollten 
aufs strengste geahndet werden. „Der Reiter oder Fußsoldat", heißt 
es in den Kriegsartikeln von 1687, „der seinen Degen gegen einen 
Ober- oder Unteroffizier zieht, soll ohne Gnade erschossen werden". 
Von der Anwendung des Stockes wollte der Kursürst nichts wiffen 
und verbot im Jahre 1688 den Offizieren und Unteroffizieren durch 
ein scharfes Edikt, die Soldaten noch ferner zu prügeln. 
Häufig fand eine Musterung der Regimenter statt. Dabei wurde 
geprüft, ob wirklich so viel Soldaten da waren, wie nach den Löh-
	        
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