Full text: Deutsche Geschichte (Teil 3 = Klasse 3-1)

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J 9. iuAt, vt 
39. Beginn der Reformation (1517). 
ursprünglich den Erlaß von Kirchenstrafen, die der Priester^dem Büßer 
in der' Beichte auferlegte; dazu gehörten Beten, Fasten und 
Wallfahren. Nur wer für seine Sünden durch diefe Strafen 
genug getan hatte, konnte durch die Freisprechung durch den Priester- 
seine Sünden los werden. Der Ablaß sollte nun zwar nur eine Um¬ 
wandlung der Kirchenstrafen in Geldstrafen sein, vom Volke aber und 
wohl auch von den Ablaßhändlern wurde er vielfach mit der Vergebung 
der Sünde selbst verwechselt. Dieser Ablaß wurde auch in Deutschland 
feilgeboten. Verschiedene Ablaßhändler wurden angestellt, die mit 
großem Prnnk und vielem Schangepränge im Lande umherzogen. 
Keiner aber trat so marktschreierisch ans und wußte mit solchem Ersolge 
den Ablaß anzubieten, wie der Dominikanermönch Johann 
T e tz e l. Seit Jahren schon war das sein Sonderberuf. Jetzt be¬ 
reiste er den Magdeburgischen Sprengel. Unter Glockengeläute zog 
er ein in die Städte und belegte die Kirchen für sein Ablaßgeschäft. 
Er rühmte, sein Ablaßkreuz mit des Papstes Wappen sei fo kräftig wie 
das Kreuz Christi, und er begehre nicht mit Petrus zu teilen, denn er 
allein habe mehr Seelen erlöst als der. Und dann immer wieder¬ 
kehrend nach der Marktschreierweise seine Mahnung: „Nur das Geld 
in den Kasten! Wenn eine Seele im Fegefeuer ist, sobald das Geld 
auf den Boden klingt, fährt sie in den Himmel!" Und eindringlich 
konnte er reden: „Siehe deine Mutter an, wie sie von den Flammen 
des Fegefeuers gequält wird! Das leidet sie von deinetwegen, der 
du mit einem Groschen ihr zur Hilfe kommen kannst!" Namentlich 
ans dem Fegefeuer errettete fein Ablaß. Jede Sünde hatte bei ihm 
ihren Preis: für einen Meineid z. B. nahm er neun Dukaten 
(1 Dukaten — 10 Ji), für Kirchenraub ebensoviel, für einen Mord 
acht, für Hexerei sechs. Auch für Sünden, die man erst begehen wollte, 
konnte man im voraus Ablaßzettel lösen. 
2. Luthers 95 Sätze (31. Oktober 1517). Den nächsten 
persönlichen Anlaß, sich um das u reiben Metzels zu kümmern, erhielt 
Luther, als ein paar Wittenberger Einwohner, denen er im Beicht¬ 
stuhl Vorhaltungen wegen ihres bösen Lebenswandels gemacht hatte, 
hingingen und sich Ablässe kauften und fo Setzei gegen Luther an¬ 
liefen. Andere riefen aber auch Luther gegen den Ablaß an. Da 
besann sich Luther nicht lange. Ohne viel Beraten mit Freunden, in 
kurzem Überlegen gab er seine Meinung kund; er schrieb 95 S ajj e 
gegen den % blaß und schlug sie am 31. Oktober 151 < 
mittags an die T ü r der Schloßkir ch e zu Witt e^n - 
b e r g. Diefe Tat sieht man a l s d n n Anfang der R e - 
sormation an. An eine solche Wi hing seiner ^ätze hatte 
Luther nun freilich nicht gedacht, er wollte nur dem Ablaßunfug wehren 
und glaubte fest, der Papst wisfe nichts davon, wie feine Boten es 
trieben. Einer der Sätze lautete: „Die werden samt ihren Meistern 
zum Teufel fahren, die'da meinen, durch Ablaßbriefe ihrer Seligkeit 
gewiß zu fein." Ein anderer: „Ein Christ, der feine Sünden wahr¬ 
haft bereut, hat völlige Vergebung auch ohne Ablaßbriefe." ^ie]e 
Sätze erregten ungeheures Äuffehen und waren in vierzehn -lagen
	        
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