Full text: Alte Geschichte (Teil 2)

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den sein Oheim Richard mit der Grafschaft Poitou belehnt hatte. 
Otto verzichtete am Wahltage auf das Spolienrecht und er¬ 
kannte 1201 die territorialen Ansprüche des Papstes im weitesten 
Umfange an. Eine Zeit schwerer materieller und moralischer Ver¬ 
wüstung, umfassender Verschleuderung von Reichsgut und Kron- 
rechten, insbesondere durch Philipp, schnöder Selbstsucht und 
häufigen Parteiwechsels der Fürsten begann. Philipp, der 
dem englischen Bündnis des Welfen ein Bündnis mit Frank¬ 
reich gegenüberstellte und dabei Reichsflandern preisgab, blieb 
anfangs im Vorteil, zumal da nach dem Tode Richards für Otto 
die englische Unterstützung zunächst aufhörte. Aber seine 
Bannung durch Innocenz, der März 1201 offen Otto an¬ 
erkannte, indem er die Kaiserkrone für ein päpstliches Lehen 
erklärte, die Arbeit eines päpstlichen Legaten, eigene Unthätig- 
keit, der Uebertritt des Landgrafen Hermann von Thüringen 
und Ottokars von Böhmen verschafften bis Ende 1203 Otto 
das entschiedene Uebergewicht. Jedoch trat gegen Otto 
durch Rücktritt dieser beiden Fürsten und Uebertritt seines 
eigenen Bruders (des Pfalzgrafen Heinrich), des Herzogs von Bra¬ 
bant und des Erzbischofs von Köln auf Philipps Seite der U m- 
schlag i. J. 1204 noch rascher ein. Otto wurde 1206 von 
Philipp in offenem Felde geschlagen, worauf auch die Stadt Köln 
sich ergab, und war dann auf Braunschweig beschränkt. 
Innocenz, der seine Autorität in Ober- und Mittelitalien schwer 
bedroht sah und um diese Zeit mit Johann von England wegen 
Besetzung des englischen Primasstuhles in Streit geriet, ent¬ 
schied als, anfangs auch von Otto anerkannter, Schiedsrichter 
1208 für Philipp und versprach ihm die Kaiserkrönung. 
Philipp hatte die Reichsrechte an Tuscien, Ancona und Spoleto, 
wie an den Mathildischen Landen festgehalten; aber ein mit 
einer Tochter Philipps zu vermählender Neffe des Papstes sollte 
mit dem Herzogtum Tuscien belehnt werden. Mit grossen Rüs¬ 
tungen zu einem letzten Schlage gegen Otto, der sich dem Schieds¬ 
gericht des Papstes nicht fügte, beschäftigt, starb Philipp Juni 
1208 in Bamberg, als Opfer der meuchlerischen Rach¬ 
sucht des Pfalzgrafen Otto von Wittelsbach. 
Otto (1208—1215) wurde, nachdem er die staufische Partei, 
besonders die Ministerialen durch die Aussicht auf seine Ver¬ 
heiratung mit Beatrix, der Tochter Philipps, gewonnen hatte, 
bei einer Neuwahl einstimmig gewählt (1208) und all¬ 
gemein anerkannt. Urkundlich verzichtete er (1209) auf das 
Spolienrecht und das seit Heinrich V. geübte Regalienrecht, 
d. h. das Recht des Königs die Erträge der geistlichen Fürsten¬ 
tümer während der Dauer der Erledigung oder nach einer sol-
	        
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