Full text: Vaterländische Geschichte für den Schul- und Selbstunterricht

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Wiederhall, denn in der richtigen Erkenntnis, daß die wahre Kraft eines 
Volkes in seiner geistigen Entwickelung liegt, wandte man in jener schweren 
Zeit der Volksbildung eine besondere Aufmerksamkeit zu und sandte ein* 
sichtsvolle Männer zu dem berühmten Schweizer Pädagogen, um den Geist 
seiner ganzen Erziehungs- und Mehrarbeit unmittelbar an der Quelle kennen 
zu lernen und die gewonnenen Erfahrungen zum Besten des Vater¬ 
landes zu verwerten. Von großer Wichtigkeit war die Gründung der 
Universität Berlin (1810), welche in Verbindung mit der von Frank¬ 
furt a. O. nach Breslau verlegten Hochschule für die Erweckung und 
Stärkung des vaterländischen Geistes von bedeutendem Einfluß gewesen 
ist. Wie Professor Fichte das Volk geistig zu heben suchte, so wirkte der 
Gottesgelehrte Schleiermacher für das Wiedererwachen des Glaubens, 
und Dichter, wie Ernst Moritz Arndt, Max von Schenkendorf, 
Friedrich Rückert, Theodor Körner u. f. w., schürten den Haß gegen 
die Welschen und forderten das Volk zum Kampfe gegen die Fremd¬ 
herrschaft auf. Der Turnvater Jahn suchte durch Turn- und Fecht¬ 
übungen die Jugend zu dem bevorstehenden Kampfe abzuhärten. In 
Königsberg aber stifteten Vaterlandsfreunde den sogenannten Tngend- 
bund, der den Zweck hatte, die Selbstsucht in sich und den öffentlichen 
Verhältnissen zu bekämpfen und edle, patriotische Gesinnungen zu verbreiten. 
Steins Rücktritt. Es war tief zu beklagen, daß Stein, der mit 
rüstiger Hand an der Neugestaltung des Staatswesens arbeitete, nur kurze 
Zeit an der Spitze des Ministeriums verbleiben konnte. Ein Schreiben 
von ihm, worin er äußerte, man müsse den Geist der Unzufriedenheit 
auch in Westfalen unterhalten unb Preußen zu einer gemeinsamen Er¬ 
hebung im Bunde mit Österreich bewegen, war französischen Spionen 
in die Hände geraten, so daß Napoleon mit aller Entschiedenheit auf Ent¬ 
lassung des -„Verschwörers" drang. Um Preußen nicht in Gefahr zu 
bringen, bat Stein selbst um seine Entlassung, welche ihm der König im 
November 1808 auch erteilte. Kaum war dieselbe erfolgt, so erschien im 
französischen Regierungsblatt eine Bekanntmachung, in welcher man einen 
„gewissen Stein" wegen Verrats gegen Frankreich für vvgelfrei erklärte 
und seine Güter mit Beschlag belegte. Stein flüchtete zuerst nach Öster¬ 
reich und dann nach Rußland, aber auch in der Verbannung wirkte er 
unausgesetzt für die Erhebung Preußens. Sein Nachfolger, Graf von 
Hardenberg, arbeitete im Sinne Steins weiter, um das angefangene 
Werk zu vollenden. Zur Verbesserung der Finanzen führte man eine 
allgemeine Luxussteuer ein. Sämtliche geistlichen Güter des Landes (Klöster, 
Dom- und andere Stifte) wurden für Staatsgüter erklärt.
	        
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