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Böhmen ein. Die 1. Armee, 100000 Manu stark, führte Prinz Fried¬
rich Karl von Preußen; sie sollte von Görlitz aus dnrch die Lausitz und
das Jsergebirge nach Böhmen ziehen, dahin, wo die Elbe in südlicher Rich¬
tung durch Böhmen eilt. Die 2. Armee. 115000 Mann stark, unter dem
Kronprinzen Friedrich Wilhelm von Preußen, sollte von Schlesien und
der Grafschaft Glatz ans durch die Sudetenpässe ebenfalls nach dem Elbkessel
ziehen. Die 3. Armee, 50000 Mann stark, unter General Herwarth
von Bittenfeld, besetzte im Fluge das ganze Königreich Sachsen, nötigte
dessen König und Heer zur Flucht nach Böhmen und zog dann die Elbe auf¬
wärts ebenfalls dem Elbkessel zu; sie hieß auch die Elbarmee.
b. Erste Siege. Mit unvermuteter Schnelligkeit erschienen die Preußen
an den Ausgängen der Gebirgspässe und erzwangen den Eintritt in Böhmen.
Der fromme König Wilhelm hatte für den 27. Juni einen Buß- und Bettag
angeordnet. An demselben Tage begann die blutige Entscheidung. Am Süd-
fuße der Glatzer Gebirge boten die Österreicher alle Kraft auf, den Vormarsch
der Preußen zu hindern, sie wurden jedoch in gänzenden. siegreichen Gefechten
geschlagen und zurückgedrängt. Jeder Tag, der 27., 28., 29. uud 30. Juni
brachte neue Siege. Bei Podol und Nachod, Trautenau, Skalitz,
Münchengrätz und Gitschin wurde der Feind zurückgeworfen. Diese Sieges¬
nachrichten riefen in ganz Preußen Jubel und Begeisterung hervor. Überall
zeigte sich eine Opferfreudigkeit, wie man sie selbst in den Freiheitskriegen
kaum schöner gesehen hatte.
c. Königgriitz. Nach den ersten Siegen eilte König Wilhelm persönlich
auf den Kriegsschauplatz. Die geschlagenen Österreicher hatten zwischen den
Festungen Joseph stadt und Königgrätz eine sehr feste Stellung bezogen.
Gräben und Schanzen waren aufgeworfen, die Kanonen oft dreifach über¬
einander aufgestellt und in den kleinen Wäldern strichweise die Bäume ab¬
gehauen worden, um den Kugeln eine sichere Bahn zu schaffen. Der Mittel¬
punkt der Stellung war die stark befestigte Höhe von Chlum mit dem Dorfe
gleichen Namens. Von hier aus leitete Benedek die Schlacht, die am 3. Juli
entbrannte. Auf einen Sieg der Preußen war nur zu rechnen, wenn auch
die Armee des Kronprinzen, die noch einige Meilen zurückstand, sich am Kampfe
beteiligte. Dieser erhielt deshalb noch in der Nacht den Befehl zum Aufbruche.
Um 8 Uhr morgens begann Prinz Friedrich Karl den Angriff. Doch der
Vormarsch ging nur langsam, denn heftige Regengüsse hatten den Boden auf¬
geweicht. .Auch am Schlachttage regnete es fast unaufhörlich bis nachmittags.
Gleichwohl rückten die braven Truppen mit Todesverachtung den befestigten
Höhen entgegen, obgleich ihnen die österreichischen Geschütze einen entsetzlichen
Kugelhagel entgegentraten. Besonders hartnäckig war der Kampf um das
Dorf Sadowa und dessen Wald. In sechsstündigem, heißem Ringen, unter
ungeheuren Verlusten, erschöpften sie ihre Kräfte, ohne den Feind zu bezwingen.
Inzwischen hatte auch die Elbarmee in den Kampf eingegriffen; unter
großen Verlusten hotte sie bis Mittag die tapferen Sachsen etwas zurück¬
gedrängt. Von da ab gewonnen die Preußen keinen Fußbreit an Boden;
die Schlacht stand. — Sorgenvoll richteten sich aller Blicke nach Osten, woher
der Kronprinz kommen mußte. Dieser kam des schlechten Wetters wegen
nur langsam vorwärts. Als er nachmittags gegen 2 Uhr endlich auf dem
Schlachtfelde erschien, atmeten die erschöpften Soldaten und ihrer Führer auf.