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8. Kirchliche Fastnachts- und Osterspiele. Um 1450. 
»Ju der Marterwochen wurden alle Tage mancherley Aufzüge / und Gauckel- 
spiel / die gantze Historien vom bittern Leiden und Sterben unsers HErrn und 
Heylandes JEsu Christi / den Leuten vor Augen zu stellen / gehalten und getrieben. 
Am Palm Sontag / pflegten die Priester / Pfaffen und Mönche / einen auff Räder 
gepfleckten höltzern Esel / mit einem geschnitzten Mannsbilde / welcher in einem 
langen Rocke / auff dem Esel saß / aus der Thomaser Kirchen / mit Gesang und 
Gepränge / auf den Marckt zuführen / allda ihn das in grosser Menge versamlete 
Sßolcf / Jung und Alt / mit frolocken und Jubelgeschrey / annahmen / und durch 
alle Gassen / welche mit aufgeschlagenen Zweigen von Weiden bestreuet / und die 
Häuser mit Steppichten behängen / und aufs schöneste gezieret waren / wiederum!) 
in die Kirche / do er denn öffentlich aufgestellet wurde / begleiteten. In der 
Kirchen hatte der sümembste Priester ein Indianisches Rohr / und schlug damit 
auf die andern Priester zu / welche zerstreuet davon liessen / und hinter einen 
darzu aufgespanneten Vorhang / sich verbargen." 
«Am Himmelfarthstage / wurde ein geschnitzter Götze / welcher dem HErrn 
Christo folte nachgebildet seyn / in die Kirchen / nicht ferne von dem innersten 
©hör I da man oben in den Gewölben / die grossen runden Löcher noch sehen 
sann / gefetzet / nach gehaltenem Gottes Dienst an Seilen mit grosser Behändigkeit 
ausgezogen / und dargegen eine menge Oblaten / Kuchen / Rosinen / Mandeln 
und dergleichen herab / unter das Volck geworffen / welches sich denn darumb 
dränge und risse / auch bißweilen rauffte und schlüge / daß die Pfaffen und Mönche / 
daran ihre Lust zusehen / und genug zu lachen hatten." 
(Zach. Schneider, Cron. Lips. S. 160 ff.) 
Ausführlicher berichtet Weber in feinem „Evangelischen Leipzia" S. 9 ff. über diese 
Fastnachts- und Osterspiele: 
„Allemahl am Palmen-Sonntage pflegete man eine Machine1), in der Gestalt 
eines Esels (welchen sie auch den Palm-Esel nenneten) und darauff reitenden Menschen 
aus Hottz gebildet, aus der Thomas-Kirchen aus den öffentlichen Marckt zu führen, 
babey denn Jung und Alt Haussen weife zulieff, und die Pfaffen solchen Bilde mit 
Zuwerffung vieler Zweige von Weiden-Bäumen, gleich als bey den Juden das Volck 
den Herrn Christo, Ehre bezeigeten. Hiernechst wurde die Erfüllung jener Weis¬ 
sagung aus den Propheten Zacharia 13, 7 : Schlage den Hirten, so wird sich die 
Heerde zerstreuen, solcher Gestalt sürgestellet: Der Vornehmste unter den Meß 
Pfaffen nahm ein Rohr und schlug damit unter die andern, welche sich denn hinter 
einen zu dem Ende aufgezogenen Fürhang verborgen und gleichsam unsichtbar 
wurden. Wann dieser sinnreiche Auffzug auch vorbey war, so wurde das gantze 
Leiden Christi nach allen Actibus von Anfang biß zu Ende fürgeftellet, und diese 
Tragödie wohl zwey oder drey Tage wiederholet, biß man letzlich in denen Kirchen 
ein Trauer-Gerüste für den todten Leichnam ausrichtete und ihn darein begrub, da 
denn zeitwehrender solcher Leich-Begängniß alle Seiger und Glocken in der gantzen 
Stadt stille schweigen, hingegen die Sänger Tag und Nacht Davidische Psalmen als 
Sterbe-Lieder um das Grab herum absingen musten. Des folgenden Tages, ehe 
ber Himmel grauete, kamen die Jungen aus allen Häusern herfür, hatten Klappern 
und Schellen, durchstrichen alle Kirchen und Gaffen und schrien mit vollen Hälfen 
x) Maschine.
	        
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