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von Schulz aus Schloß Pleißenburg nach dem Dresdner Bahnhöfe. Wie ein
Lauffeuer hatte sich die Kunde hiervon unter unserer Einwohnerschaft verbreitet und
eine große Volksmenge sich auf dem Bahnhöfe eingefunden, woselbst ein Extrazug
zur Beförderung der Soldaten nach Dresden vorbereitet war. Um fll Uhr er¬
folgte die Abfahrt, wobei den braven sächsischen Truppen enthusiastische Hoch von
der dicht versammelten Volksmenge dargebracht wurden."
(Leipziger Tageblatt, Nr. 166, vom 16. Juni 1866.;
5. Aufruf König Johanns zum Kriege. 1866, 16. Juni.
„An meine treuen Sachsen.
Ein ungerechtfertigter Angriff nöthigt Mich, die Waffen zu ergreifen.
Sachsen! Weil wir treu zur Sache des Rechtes eines Bruderstammes standen,
weil wir festhielten an dem Band, welches das große deutsche Vaterland um¬
schlingt, weil wir bundeswidrigen Forderungen uns nicht fügten, werden wir feindlich
behandelt.
Wie schmerzlich auch die Opfer sein mögen, die das Schicksal uns auferlegen
wird, laßt uns muthig zum Kampfe gehen für die heilige Sache!
Zwar sind wir gering an Zahl, aber Gott ist den Schwachen mächtig, die
auf ihn trauen, und der Beistand des ganzen bundestreuen Deutschlands wird uns
nicht ausbleiben!
Bin Ich auch für den Augenblick genöthigt, der Uebermacht zu weichen und
Mich von Euch zu trennen, fo bleibe Ich doch in der Mitte Meines tapfern Heeres,
wo Ich Mich immer noch in Sachsen fühlen werde, und hoffe, wenn der Himmel
unsere Waffen segnet, bald zu Euch zurückzukehren.
Fest vertraue Ich auf Eure Treue und Liebe. Wie wir in guten^ Tagen
zusammengehalten haben, so werden wir auch in den Stunden der Prüfung
zusammenstehen. Vertrauet auch Ihr auf Mich, deren Wohl das Ziel meines
Strebens war und bleibt.
Mit Gott für das Recht! Das sei unser Wahlspruch.
Dresden, den 16. Juni 1866.
Johann."
(Leipziger Zeitung, Nr. 143, vom 19. Juni 1866.)
6. Die Preußen überschreiten die sächsische Grenze.
1866, 17. Juni.
„Wie nach Lage der Dinge nicht anders zu erwarten, sind die mannichsachsten
und beunruhigendsten Gerüchte über das, was die nächsten Stunden uns bringen
dürften, in unserer Stadt verbreitet. Es kann nicht dringend genug die Bitte aus¬
gesprochen und der Rath ertheilt werden, alle diese Gerüchte nur mit größter Vor¬
sicht aufzunehmen. Was insbesondere den befürchteten Einmarsch preußischer Truppen
nach Sachsen betrifft, so ist Thatsache, daß in Riesa und Wurzen unbedeutende
Abtheilungen von Preußen eingerückt find und die Bahnhöfe dafelbst besetzt haben-
Größere Truppenmassen haben sich bei Dahlen gezeigt. Die Abbrennung zweier
hölzerner Joche der Riesaer Elbbrücke (Landpfeiler, zunächst dem rechten Ufer) ist
auf Anordnung der königl. sächsischen Behörden unter möglichster Schonung erfolgt;
die Beschlagnahme der Eisenbahncasse in Riesa ist auf den Vorhalt, daß deren Inhalt
Privateigenthum fei, einstweilen beanstandet worden. Die Muldenbrücke bei Wurzen
ist unversehrt."
(Leipziger Zeitung, Nr. 142, vom 17. Juni 1866.)