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wenigstens der ganze Krieg gegolten hatte. In den Friedensbedingungen, die
Antiochus hatte eingehen müssen, war auch die, daß er Hannibal ausliefere,
„wenn es ihm möglich sei". Hannibal entzog sich der Gefangenschaft durch
die Flucht. Er ging nach Kreta und von da zu dem Könige Prusias vou
Bithynien, der damals im Kriege mit dem Könige Eumeues von Pergamum,
dem Römerfreunde, war. Aber kaum hatte er hier mit Rat und That sich
nochmals am Kampfe gegen den Erbfeind, wenigstens einen Vasallen desselben,
beteiligt, als auch schon Titus Quinctius Flamiuius, der römische Diplomat,
erschien, den Streit beilegte und die Auslieferung Hannibals verlangte. Der
greife Held nahm Gift, um der Gefangenschaft zu entgehen. „Ich will", sagte
er, „die Römer von der Furcht vor einem alten Manne befreien." Es war
im Jahre 183. In demselben Jahre starb Pnblius Cornelius Scipio
Asrieauus, Hannibals Besieger, in der Verbannung. Der stolze Mann
hatte unter den Senatoren viele Feinde, die es ihm nie vergeben konnten,
daß seine Siege weniger im Aufträge des Senates, als vielmehr zu feiner
eignen Verherrlichung erfochten worden waren. Diese klagten ihn an, im
Kriege gegen Antiochus öffentliche Gelder unterschlagen zu haben. Statt sich
zu rechtfertigen, zerriß er vor dem versammelten Volke seine Rechnungen, in¬
dem er daran erinnerte, daß es der Jahrestag der Schlacht bei Zama sei, an
dem er dies thue. Dann schritt er zum Kapitol hinan, um zur Feier des
Tages ein Dankopfer zu bringen, und das Volk, das ihm immer angehangen
hatte, folgte ihm jubelnd. Aber diese Willkür gab seinen Gegnern die Waffen
in die Haud. Er wurde zum zweitemnale vorgeladen. Jetzt sah er, daß seine
Rolle ausgespielt war. Anstatt dem Senatsbefehle Folge zu leisten, verließ er
die Stadt und ging nach Kampanien, wo er bald starb.
Unter denen, welche während des syrischen Krieges mit allem Eifer und
als treue Vasallen den Römern gedient hatten, war der König Philipp von
Makedonien. Aber seine Hoffnung, sich damit größere Selbständigkeit und
einen Zuwachs seiner Besitzungen zu erwerben, schlug gänzlich fehl. Schon
daß er diesen Wunsch merken ließ, machte ihn den Römern verdächtig. Er
mußte die besetzten Orte herausgeben und sich einer strengen Untersuchung
unterwerfen. Dies verbitterte ihn so, daß er einen seiner Söhne, der in Rom
in vertraulicher Weise mit den Senatoren verkehrte, durch Gift aus dem Wege
räumte und in tyrannischer Laune über wehrlose Städte in Thrakien herfiel.
Aber das Blut der Ermordeten und der Jammer der Unglücklichen, die er in
das Elend trieb, lasteten auf ihm wie ein Fluch. Innerlich verdüstert und
gramgebeugt sank er in das Grab.
Ihm folgte fein Sohn Perseus, ein stattlicher, ritterlicher Mann und
frei von der entsetzlichen Grausamkeit, die feinen Vater geschändet hatte. Doch
fehlte ihm Heldenmut und Selbstvertrauen, besonders den Römern gegenüber,
die ihm schon mit Mißtrauen entgegenkamen. Sein erstes Austreten gefiel dem
Senate nicht, denn es hatte ganz den Anschein, als wollte er nicht der blind
gehorchende Knecht fein, als beanspruche er einen gewissen Grad von Selb¬
ständigkeit. Er hatte sich um die Gunst der Griechen beworben und bald deren
Aufmerksamkeit auf sich gezogen, er war mit einer Tochter des syrischen Königs
Seleueus (des Nachfolgers des Antiochus) vermählt, er ließ unruhigen Nach¬
barvölkern feine Macht fühlen und suchte seine Unterthanen durch Milde
und Gerechtigkeit an sich zu fesseln. Der König Eumenes von Pergamum