Full text: Das Mittelalter (Theil 2)

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zum Klange der Leyer die Einäscherung Troja's besang. Als er aber 
merkte, daß das Volk hierüber aufgebracht war und ihn für den Brand¬ 
stifter hielt, so wälzte er die Schuld sogleich von sich auf die armen ver¬ 
haßten und verachteten Christen. Ihre Martern waren ihm nun ein 
ebenso angenehmes Schauspiel, wie vorher der Brand der Stadt. Die 
Christen wurden gefoltert, mit glühenden Eisen gesengt, von wilden Thieren 
zerrissen. Um den Anblick noch interessanter zu machen, wurden sie mit 
brennenden Stoffen bestrichen und dann angezündet. Nero gab zu diesem 
schrecklichen Schauspiele seine Gärten her und fuhr selber in einem Pracht¬ 
wagen zwischen den Todtenfeuern hindurch, um sich an dem gräßlichen 
Schauspiele zu ergötzen. Auch die Apostel Paulus und Petrus wurden 
von seiner Verfolgungswuth betroffen; jener wurde als römischer Bürger 
enthauptet, dieser jenseits der Tiber gekreuzigt. - 
Nach dem Brande bauete Nero seine Hauptstadt prächtiger wieder 
auf, als sie vorher gewesen war, und sein neuer Palast wurde „das 
goldene Haus" genannt, wegen der unermeßlichen Verschwendung von 
Gold und Edelsteinen, von denen alle Zimmer blitzten. Doch nicht genug, 
daß er Künstler für sich arbeiten ließ, er wollte auch selber als Künstler 
verehrt sein und allen andern den Rang ablaufen. An dem großen Wagen¬ 
rennen im Circus nahm er selbst persönlichen Antheil, er trat als Sänger 
und Dichter öffentlich auf, und die Lobeserhebungen eines Heeres von 
Schmeichlern, das ihn umgab, verrückten ihm vollends das Gehirn. Er 
unternahm eine eigentliche Kunstreise nach Griechenland, um in den grie¬ 
chischen Kampfspielen den Preis zu erwerben, den er auch von den bereits 
zu Speichelleckern herabgesunkenen Griechen erhielt. Nero brachte aus 
Griechenland nicht weniger denn 1800 Kronen mit, die man ihm als 
König der Sänger, Dichter, Wagenlenker und Ringer dort gespendet hatte. 
Sein Einzug in die Hauptstadt war überaus prachtvoll. Hier erschien er 
auf August's Wagen in Purpur gekleidet und mit dem Laube des Oel- 
baumes, dem Stirnschmucke der olympischen Sieger, bekränzt. In der 
Hand trug er die pythische Krone, und die 1800 übrigen wurden vor ihm 
hergetragen. Neben ihm saß Diodorus, ein Tonkünstler, und dann folgte 
eine unermeßliche Schaar von Sängern, welche seine Siege in ihren Liedern 
feierten. Der Senat, die Ritter und das Volk begleiteten diesen kindischen 
Aufzug, die Luft erscholl von Beifallsrufen, die ganze Stadt war erleuchtet 
und die Straßen dufteten von Weihrauch. Wohin er trat, bluteten zur 
Feier seiner Rückkehr die Schlachtopfer, das Pflaster war mit Safran be¬ 
streut und Guirlanden von Blumen und Bändern strömten aus allen 
Feilstern auf ihn nieder. 
2. 
Nero hatte seine Gemahlin verstoßen und dann vergiften lassen; dann 
mordete er seine eigene Mutter und seinen Lehrer und Rathgeber Seneka, 
weil gegen diese sein Mißtrauen rege geworden war. Oft hörte man ihn
	        
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